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Titel: Das Blut der Rhu’u
Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Das Cover des Buches lässt den Betrachter über die Ufer eines Sees auf eine kleine Insel blicken, auf der sich eine kleine Burg befindet. Das durchscheinende Gesicht einer jungen Frau überlagert die Szenerie. Mich lässt das Cover spontan an die schottischen Highlands denken, während das durchscheinende Frauengesicht auf einen Liebesroman hindeutet – und ganz so verkehrt sind die gezogenen Schlüsse nicht, demzufolge also ein durchaus passendes Cover.
Der Fremde, den Kara seit ihrer Kindheit immer wieder in ihren Spiegeln sieht, ist das einzig besondere in Karas Leben – bis sie ohne Vorwarnung von einer Gruppe mit Dolchen bewaffneter Fremde angegriffen wird, die sie als Dämonin bezeichnen. Ob Kara ihrer Mutter als Wechselbalg untergeschoben wurde?
Dämonen und Wechselbälger lassen einen fast vermuten, dass die Geschichte in früheren Zeiten spielt. Tatsächlich lebt die Hauptperson, Kara, jedoch in unserer Welt und unserer Zeit. Und die Wesen, die die meisten nur aus Sagen und Mythen kennt, leben ebenfalls dort. Wie die meisten Menschen hat allerdings auch Kara davon nicht die geringste Ahnung. Als sich ihre eigenen Kräfte zu manifistieren beginnen, ist genau das allerdings ein riesiges Problem. Ein Problem, das Kara ebenso wie dem Leser ziemlich schnell deutlich wird – spätestens mit dem Angriff auf sie.
Was weniger schnell deutlich wird, ist, wer in dieser Geschichte die “Guten” sind: Dämonen oder Menschen? Und ob die dämonischen Taten wirklich nach menschlichen Maßstäben betrachtet werden können. Um zu überleben muss Kara lernen, mit ihrem dämonischen Erbe umzugehen. Zum Glück ist ihres eines, das nicht unbedingt tödliche Auswirkungen hat – feste Bindungen (egal ob zu Menschen oder Dämonen) jedoch deutlich erschwert.
Neben der Entdeckung des dämonischen Wirkens in unserer Welt und Karas Zurechtkommen in eben dieser hat “Das Blut der Rhu’u” auch noch ein paar romantische oder auch sexuelle Verwicklungen, außerdem die Suche nach einem alten magischen Artefakt zu bieten. Und dabei geht es im doppelten Sinne richtig zur Sache – für jüngere Leser ist das Buch damit nicht unbedingt geeignet, auch wenn es die Autorin mit den Szenen nicht übertreibt.
Mara Laues Pro- und auch Antagonisten sind ziemlich facettenreich, auch wenn die Heldin der Geschichte überdurchschnittlich gut dargestellt wird. Nur die Motive der ein oder anderen Figur hätten noch weiter ausgeführt werden können. Karas Ausflüge in die Vergangenheit der Rhu’u zum Beispiel waren weitaus interessanter und ausführlicher als die Historie der Dämonenjäger oder des ein oder anderen abtrünnigen Dämons – auch wenn die erwähnten Fakten durchweg ziemlich interessant waren.
Eine klassische Liebesgeschichte bietet das Buch ebenso wenig wie den typischen Kampf zwischen Gut und Böse – und das ist auch gut so. Gespickt mit ein paar moralischen Fragestellungen hat es eher etwas von der Suche einer Person zu sich selbst. Allerdings eine Suche, die mit dämonischen Exkursen in die Vergangenheit, mächtigen Artefakten und gegeneinander agierenden Gruppen einiges an Spannung und Spannungen zu bieten hat.
Mir hat es vor allem gefallen, dass Mara Laue Abstand von den typischen Stereotypen genommen hat und damit die Geschichte mit ziemlicher Regelmäßigkeit in ganz andere Bahnen gelenkt hat, als ich erwartet hatte (auch wenn es mich gegen Ende nicht mehr allzu sehr überrascht hat). Auch das Ende ist nicht das, was man nach den ersten Seiten (und dem Cover) erwartet hätte. Die Geschichte geht gut aus, ein glücklich verliebtes Pärchen gibt es allerdings nicht – dagegen spricht nämlich nicht nur Karas dämonische Natur.
Alles in allem eine wirklich gelungene Story, die mich trotz einiger Schwächen in den Bann geschlagen hat – einem erneuten Ausflug in Karas Welt wäre ich jedenfalls ganz und gar nicht abgeneigt.