Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Wir schreiben das Jahr 2083 irdischer Zeitrechnung. Irgendwo von jenseits des Sonnensystems erreichen Signale die Erde. Absender sind nicht-menschliche Wesen. Was sie wollen, ist nicht klar. Daher wird ein Raumschiff ausgesandt, sich die Signale und die Fremden näher anzusehen.
Aber eigentlich begann alles am dreizehnten Februar 2082 um 10:35 Uhr Greenwich Time. Ein Freitag, wie sollte es auch anders sein. Etwa 65500 Fremdkörper erreichten die Erde. Die Sonden scannten die Erde, verbrannten aber schließlich in der Atmosphäre, um am Nachthimmel wie Polarlichter oder Irrlichter zu wirken.
Doch zurück zum Jahr 2083. Die Signale von außerhalb des Sonnensystems machen die Verantwortlichen nicht sonderlich glücklich. Bedeuten sie die Kontaktaufnahme auf friedlicher Basis oder sind es die ersten Vorboten einer kriegerischen Auseinandersetzung? Diejenigen, die am schnellsten Aufklärung darüber verschaffen können, sind die fünf Besatzungsmitglieder des in der Nähe operierenden Raumschiffs Theseus. Die Theseus befindet sich im Orbit um Neptun und nimmt Fahrt auf, um in der sogenannten Oort'schen Wolke nach der Quelle der Signale zu suchen. An Bord ist eine seltsame Mischung aus, sagen wir, 'Wesen'. Menschen kann man es jedenfalls nicht mehr nennen. Der Kommandant ist ein Vampir. Vampire waren auf Grund eines Gendefektes ausgestorben und galten als ein Nebenzweig der Menschen. Dennoch gelang es irdischen Wissenschaftlern, aus den Genen die Vampire wiederauferstehen zu lassen. Die Hauptperson ist jedoch nicht der Kapitän, sondern Siri, der in Ich-Form erzählende Synthesist. Er ist ein ehemaliger Epileptiker, dem in seiner Kindheit die Hälfte des Gehirns entfernt wurde. Dadurch ist er nicht in der Lage, Gefühle zu produzieren. Andererseits kann er wissenschaftliche Ergebnisse im Voraus erkennen. Damit ist sein Job klar. Er arbeitet mit Wissenschaftlern, Computern und normalen Menschen zusammen, um zu einem möglichst guten Ergebnis zu kommen, wenn es gilt, Rätsel und Probleme zu lösen. Das nächste Besatzungsmitglied ist weiblicher Natur, eventuell, zumindest äußerlich. In ihr befindet sich eine Mehrfachpersönlichkeit, die als Linguistin arbeitet. Dann gibt es noch eine genetisch aufgemotzte Angehörige der Sicherheitsstreitkräfte mit durchaus pazifistischen Neigungen sowie einen hochspezialisierten Wissenschaftler mit der Fähigkeit, Röntgenstrahlen zu sehen.
Peter Watts, von dem ich bisher noch nie etwas gehört und schon gar nicht gelesen hatte, schrieb einen typischen Roman um einen Erstkontakt zu einer fremden Rasse. Für diese Art gibt es jede Menge Romane, die jeder für sich das Thema angeht. Mit der Idee der gentechnisch veränderten Menschen hat Peter Watts eine neue Abwandlung des bekannten Themas geschaffen. Gleichzeitig greift er natürlich das Jäger - Opfer - Schema auf. Dabei muss man nicht unbedingt zwischen Vampir und Mensch oder Mensch und Aliens unterscheiden. Das Thema ist übergreifend.
Der Autor ist ausgebildeter Biologe und ich bin sicher, er hat viel Wissen in seinen Wissenschaftler auf der Theseus gesteckt. Mit der wissenschaftlichen Grundlage erinnert er sehr stark an das Vorbild Brian W. Aldiss mit seinem Helliconia-Zyklus aus dem Jahr 1982. Dies wird deutlich im zwanzigseitigen Anhang. Obwohl fesselnd geschrieben, besitzt auch dieser Roman seine Schwächen. Vor allem wenn Peter Watts erzählt, über Technik, Wissenschaft und ähnliches. Der Wissenschaftler steht dann dem Schriftsteller im Weg. Der Schluss des Romans ist fast genial zu nennen.
Blindflug - die Rezensionsübersicht