Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Ein Lichterregen geht auf die Erde nieder und 65536 Flugkörper, Irrlichter genannt, fotografieren die Erde. Den Menschen wird unmissverständlich klar: Wir sind nicht allein im Sonnensystem. Irgendwo in der Nachbarschaft der Erde befindet sich etwas, das intelligent, aber nicht menschlich ist. Einer Spur folgend, fliegt das Raumschiff Theseus bis an die Grenzen des Sonnensystems. Mit an Bord ist der Synthesist Siri Keeton. Als Kind wurde ihm im Zuge der Behandlung seiner Epilepsie die Verbindung zwischen beiden Gehirnhälften durchschnitten, und nun muss er mit nur einer Gehirnhälfte alle Gefühle erst für sich synthetisieren. Doch genau diese Eigenschaft prädestiniert ihn für die Reise; denn sein Blickwinkel unterscheidet sich von dem jedes anderen Menschen und seine Erkenntnisse können über Erfolg oder Versagen der Mission entscheiden. Doch auch der Rest der Crew ist nicht minder ungewöhnlich: Da ist die schizophrene Linguistin Susan James, die psychopathische Soldatin Amanda Bates, der Elektroniker Isaac Spindel, fast schon ein Cyborg, und der Captain des Schiffs, ein Vampir (!), der die meiste Zeit zurückgezogen Zwiesprache mit dem Schiffscomputer hält und dessen Intellekt den Menschen so überlegen ist, dass die Crew noch nicht einmal ansatzweise seinen Plan versteht. Hinter der scheinbar wahnsinnigen Zusammensetzung der Crew steckt ein verwegener Plan: Wer könnte besser mit einer vollkommen fremden Intelligenz in Kontakt treten als Menschen, die der Menschheit selbst fremd sind?
Bildflug ist alles andere als eine leichte Lektüre. Peter Watts, vom Beruf her Biologe, bedient sich eines sehr nüchternen Stils und geizt über lange Strecken mit Hintergrundinformationen. So kommt es recht bald zum Kontakt mit der fremden Intelligenz, doch viele Erzählungen über das Schiff und seine Crew kommen erst später. Es dauert, bis der Leser den roten Faden im Buch erkennt und versteht, dass sich alles letztens Ende um Siri dreht. Der Ansatz, ein Schiff voller Psychopathen auf eine Erstkontaktmission zu schicken, ist verwegen. In der Umsetzung gibt es leider ein paar Probleme. Zum einen wird alles aus der Sicht von Siri geschrieben, der nun mal ein emotionsloser Mensch ist - und so liest sich auch der Roman. Ich gehe mal davon aus, dass dies so gewollt war, aber es macht es dem Leser nicht leicht, sich in dieses Buch zu finden. Dabei sind die Personen durchaus interessant. Aus meiner Sicht ist die Wahl des Vampirs ein Missgriff. Irgendwie passt diese Figur nicht ins Gesamtkonzept des Romans, aber das ist wohl auch Geschmackssache.
Erster Höhepunkt ist der Kontakt mit Rohrschach, dem außerirdischen Artefakt, und langsam wird bis zum Ende hin alles klarer. Wenn man erst mal begriffen hat, wie dieser Roman aufgebaut ist, fallen alle Stückchen ins Bild. Mit hat gefallen, dass Siri immer wieder sagte: Stell Dir vor, Du bist Armanda Bates oder Stell Dir vor, Du bist Susan James. Dies hätte Peter Watts mehr in den Mittelpunkt des Romans setzen sollen, denn es war Siris Aufgabe zu beobachten (und doch wieder nicht). Es wäre doch reizvoll gewesen, Abschnitte immer auf diese Weise zu beginnen und dann die Person in den Mittelpunkt zu stellen. Das wäre eleganter gewesen als dieses - ja, man muss es so sagen - Chaos. Ich habe nichts dagegen, wenn ein Autor eine Geschichte nicht linear erzählt, aber das Thema an sich war kein leichtes, und mehr Strukturen hätten dem Roman gut getan und es dem Leser erleichtert, sich in die Geschichte einzufinden.
Das Buch ist - wie oft angesprochen - keine wahre Hard SF, denn eigentlich stehen die Besatzungsmitglieder im Vordergrund. Auf der anderen Seite sind die Personen nicht intensiv charakterisiert und irgendwie "blutleer" (ach, wie das passt). Die technischen Beschreibungen jedenfalls treten spätestens ab der zweiten Hälfte in den Hintergrund. Aber eines muss man Peter Watts sehr zugute halten: Sein Roman ist sehr originell. Man hätte sich nur gewünscht, er hätte seine Geschichte deutlich klarer niedergeschrieben und den Leser nicht über die Hälfte des Romans den roten Faden suchen lassen. Der Vampir war auch etwas deplaziert und wirkte effekthascherisch, aber der Roman enthält auch originelle Ideen und das erklärt, warum der Roman für den Hugo Award nominiert wurde.
6 von 10 Punkten
Bildflug ist alles andere als eine leichte Lektüre. Peter Watts, vom Beruf her Biologe, bedient sich eines sehr nüchternen Stils und geizt über lange Strecken mit Hintergrundinformationen. So kommt es recht bald zum Kontakt mit der fremden Intelligenz, doch viele Erzählungen über das Schiff und seine Crew kommen erst später. Es dauert, bis der Leser den roten Faden im Buch erkennt und versteht, dass sich alles letztens Ende um Siri dreht. Der Ansatz, ein Schiff voller Psychopathen auf eine Erstkontaktmission zu schicken, ist verwegen. In der Umsetzung gibt es leider ein paar Probleme. Zum einen wird alles aus der Sicht von Siri geschrieben, der nun mal ein emotionsloser Mensch ist - und so liest sich auch der Roman. Ich gehe mal davon aus, dass dies so gewollt war, aber es macht es dem Leser nicht leicht, sich in dieses Buch zu finden. Dabei sind die Personen durchaus interessant. Aus meiner Sicht ist die Wahl des Vampirs ein Missgriff. Irgendwie passt diese Figur nicht ins Gesamtkonzept des Romans, aber das ist wohl auch Geschmackssache.
Erster Höhepunkt ist der Kontakt mit Rohrschach, dem außerirdischen Artefakt, und langsam wird bis zum Ende hin alles klarer. Wenn man erst mal begriffen hat, wie dieser Roman aufgebaut ist, fallen alle Stückchen ins Bild. Mit hat gefallen, dass Siri immer wieder sagte: Stell Dir vor, Du bist Armanda Bates oder Stell Dir vor, Du bist Susan James. Dies hätte Peter Watts mehr in den Mittelpunkt des Romans setzen sollen, denn es war Siris Aufgabe zu beobachten (und doch wieder nicht). Es wäre doch reizvoll gewesen, Abschnitte immer auf diese Weise zu beginnen und dann die Person in den Mittelpunkt zu stellen. Das wäre eleganter gewesen als dieses - ja, man muss es so sagen - Chaos. Ich habe nichts dagegen, wenn ein Autor eine Geschichte nicht linear erzählt, aber das Thema an sich war kein leichtes, und mehr Strukturen hätten dem Roman gut getan und es dem Leser erleichtert, sich in die Geschichte einzufinden.
Das Buch ist - wie oft angesprochen - keine wahre Hard SF, denn eigentlich stehen die Besatzungsmitglieder im Vordergrund. Auf der anderen Seite sind die Personen nicht intensiv charakterisiert und irgendwie "blutleer" (ach, wie das passt). Die technischen Beschreibungen jedenfalls treten spätestens ab der zweiten Hälfte in den Hintergrund. Aber eines muss man Peter Watts sehr zugute halten: Sein Roman ist sehr originell. Man hätte sich nur gewünscht, er hätte seine Geschichte deutlich klarer niedergeschrieben und den Leser nicht über die Hälfte des Romans den roten Faden suchen lassen. Der Vampir war auch etwas deplaziert und wirkte effekthascherisch, aber der Roman enthält auch originelle Ideen und das erklärt, warum der Roman für den Hugo Award nominiert wurde.
6 von 10 Punkten
Blindflug - die Rezensionsübersicht