Reihe: - Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Die Erde einer nahen Zukunft: Das Erdöl ist versiegt und vielen Katastrophen haben unzählige Spezies ausgerottet. Nach dieser, vom blinden Kapitalismus geprägten Epoche regiert nur der Bioterrorismus. Die Regime, auf Schutz ihrer Biosphäre bedacht, greifen rücksichtslos durch und im südlichen Asien, nun der Nabel der Welt, gerät man schnell ins Visier der Behörden. So ergeht es auch Jaidee, einem Weißhemd vom Umweltministerium, das einigen Funktionären so sehr auf die Füße tritt, dass diese beginnen ihn zu vernichten. Der ehemalige Volksheld sieht sich plötzlich als der Gejagte und begreift erst langsam, welche Geister er erweckt hat. Dies ist aber auch die Geschichte von Banyat, der für Europäer eine Fabrik für ganz spezielle Springfedern leitet. Die Arbeitsbedingungen dort brauchen den Vergleich zu den Bedingungen zu Beginn der Industrialisierung nicht zu scheuen. Menschen werden lediglich als Arbeitsmaterial betrachtet - warum auch nicht, es gibt genügend, die arbeitslos sind. Banyat Chef Anderson Lake hat dafür kein Verständnis. Ihn interessiert nur die Profitabilität der Firma und Emiko, ein sogenanntes Aufziehmädchen, dass in Japan genetisch erschaffen und zu absoluten Gehorsam erzogen wurde. Menschen wie Emiko dienen reichen Geschäftsleuten als Gesellschafter und Gespielinnen. Doch Emiko wurde von ihrem ehemaligen Besitzer in Thailand zurück gelassen, weil die Rückreise mehr gekostet hätte als der Erwerb eines neuen Aufziehmädchens. In Thailand jedoch ist sie als Symbol der Dekandenz verachtet und muss stets um ihr Leben fürchten.
Paolo Bacigalupis Roman wurde als einer der originellsten Gesellschaftsentwürfe der jüngeren Literaturgeschichte sowohl mit dem Nebula Award als auch mit dem Hugo ausgezeichnet. Dies ist berechtigt, denn das Genre bedarf solcher neuen Impulse, wie ihn dieses Buch eindeutig vermittelt. Das Szenario ist sehr interessant und vom Autor gut beschrieben, auch wenn der Einfluss der Thai Kultur einen Teil zu der Faszination beiträgt. Allerdings - und dies ist jetzt freilich Geschmackssache - hat es der Autor versäumt, sein halbes Dutzend Protagonisten mit Leben zu füllen. Für ihn lag ganz klar der Fokus auf der Geschichte und der Welt der Zukunft und aus diesem Grunde verkommen die Figuren zu bloßen Klischees. Der Leser wartet vergebens auf innere Reflexionen der Helden und so kommt es, dass man größte Probleme hat, sich in die Figuren hinein zu versetzen. Aus diesem Grunde wird das Lesen ab der Hälfte recht mühsam. Die Welt ist beschrieben, die erwarteten Katastrophen hereingebrochen, doch die Helden irren als leblose Hüllen durch das Chaos. Schade, sehr Schade, denn so wurde die Chance vergeben, einen wirklich außergewöhnlichen Roman zu erzählen. So aber gibt sich der Autor also nur mit einer eher durchschnittlichen Leistung zufrieden. Allerdings mag ein Leser, der eher auf sogenannte Hard SF steht, also auf Geschichten, in denen die Handlung und der Zukunftsentwurf mit all der Technik im Mittelpunkt steht, dieses Buch mit großer Freude lesen und ihnen sei es auch wärmstens empfohlen.
6 von 10 Punkten.