Serie / Zyklus: Bettler-Trilogie Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Zu Beginn des 22. Jahrhunderts ist die Welt zu einem Schlaraffenland geworden, denn durch neue, revolutionäre Technologien sind über 80% der Bevölkerung überflüssig geworden und müssen nicht mehr arbeiten, sondern können vollkommen kostenlos konsumieren. Sie werden Nutzer genannt und haben in den Staaten der Zukunft wenig zu sagen. Das Ruder hält nun die Elite des Landes fest in der Hand, und unter ihnen sind es die Schlaflosen, genmanipulierte Menschen, die vollkommen ohne Schlaf auskommen können und allen anderen Menschen weit überlegen sind. Hinzu kommt, dass sie nur langsam altern und so ihre Machtpositionen über Jahrzehnte hinweg aufgebaut haben. Doch auch sie drohen zu einem Auslaufmodell zu werden, denn auf der Raumstation SANCTUARY schafft Jennifer Sharifi die nächste Generation des Homo Sapiens. Es werden 27 Kinder geboren, deren Intellekt alle überflügelt, doch als sie erkennen, dass die Ziele ihrer Eltern nicht im Sinne der Menschheit sind, stellen sie sich gegen sie und schwingen sich auf zu den Beschützern der Menschheit. Tatsächlich bedürfen all die Nutzer dieses Schutzes, denn nach Jahrzehnten des Müßiggangs ist die nicht arbeitende Mehrheit der Menschheit verdummt und unfähig geworden, auch nur die kleinsten Schwierigkeiten im Leben zu meistern. Als die Wirtschaft der USA zusammenbricht, droht eine Katastrophe, und ein Bürgerkrieg scheint unvermeidlich. Mit dem zweiten Band ihrer Bettler-Trilogie setzt Nancy Kress konsequent ihre Geschichte über die Zukunft der Menschheit fort. Die Ansätze sind interessant, aber teilweise ein wenig unglaubwürdig. Wieso sollten Menschen, denen die Last der Arbeit genommen wurde, verdummen? Es wird kaum beschrieben, womit sie ihren Tag verbringen, aber anscheinend nur mit herumlungern. Das ist insgesamt zu undifferenziert. Interessanter ist dann schon die Sache mit den 27 Kindern - im Buch als Super-Schlaflose bezeichnet - die ihrerseits ihre Eltern überflügeln und sich zum bestimmenden Machtblock des Planeten aufschwingen, und doch trotz ihres Intellekts Fehler machen. Insgesamt kam ein Roman heraus, der durchaus interessante Aspekt aufweist, aber nicht an die Klasse des Vorgängerbandes herankommt. Immer noch schreibt die Autoren sehr klar und sehr spannend, aber die Geschichte ist nicht mehr so dicht wie in Band 1, und dass sich alles in den USA abspielt und der Rest der Welt eigentlich keine Rolle spielt - selbst für die Super-Schlaflosen -, ist sehr unglaubwürdig. Es gelang der Autorin nicht, ihre Scheuklappensichtweise der Welt abzulegen und sich eine Weltordnung zu erdenken, die den ganzen Globus umfasst. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass die Autorin das ganze Szenario als Kritik an den USA der heutigen Zeit versteht, doch dazu sind die Hinweise nicht deutlich genug, als dass es den Verantwortlichen offenbar werden würde. Fazit: eine solide Fortsetzung von "Bettler in Spanien", die aber nicht an die Klasse des mit Preisen ausgezeichneten Romans herankommt. 7 von 10 Punkten.