Serie / Zyklus: Barrayar, Band 3 + 4 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Mit Barrayar - Der junge Miles setzt der Heyne Verlag die Neuauflage des Barrayar-Zyklus in den preiswerten Sammelbänden fort. Doch der vorliegende Band ist kein einfaches Zusammenführen zweier Einzelromane: Diese Ausgabe ist die Übersetzung der amerikanischen Gesamtausgabe, von der jeder Band ein Nachwort der Autorin erhalten hat. Außerdem werden die beiden Romane Der Kadett (orig. The Warrior's Apprentice) und Der Söldner und der Prinz (orig. The Vor Game) thematisch zusammengefasst und ergänzt durch die Novelle Die Berge der Trauer (Mountains of Mourning), für die Lois McMaster Bujold den Hugo gewonnen hat. Überdies gewann der Roman Der Söldner und der Prinz ebenfalls den Hugo Award, diesmal für den besten Roman des Jahres. Doch nun die Romane im Detail:
Der Kadett
Der Kadett beschreibt, wie Miles Vorkosigan, der Sohn von Aral Vorkosigan und Cordelia Naismith, bei der Kadettenprüfung der kaiserlichen Soldaten-Akademie durchfällt. Das sehr martialische Barrayar nimmt keine Rücksicht auf Miles' Beeinträchtigungen, die er durch einen Giftgasanschlag erlitt, dem seine schwangere Mutter ausgesetzt war. Es ist ohnehin schon ein Wunder, dass er noch am Leben ist, doch sein Körper ist gezeichnet: Mit nur 145 cm Körpergröße und Knochen so spröde wie Glas ist er so ziemlich das Gegenteil eines unerschrockenen barrayanischen Kämpfers.
Frustriert entschließt sich Miles, zusammen mit seinem Leibwächter Botari und dessen Tochter seine Großmutter auf dem Planeten Beta zu besuchen. Dort kommt er durch ein paar Wirrungen in den Besitz eines Frachtraumschiffs. Für den jungen Miles bietet sich eine Gelegenheit, aus seinem Leben für ein paar Wochen auszubrechen, und so macht er sich auf, einen lukrativen Transportauftrag auszuführen, der sich aber am Ende als unmöglich herausstellt, denn der Zielplanet liegt unter dem Embargo einer Söldnerarmee. Doch Miles gibt nicht so schnell auf.
Der Roman ist flott und unterhaltsam geschrieben, aber im Gegensatz zu den Vorgänger-Romanen bleibt die Glaubwürdigkeit leider auf der Strecke. Es ist einfach nicht plausibel, dass ein 15-jähriger eine ganze Söldnerflotte aufmischt und letztendlich immer die Nase vorne hat. Gut, man kann sich Miles Vorkosigan als sehr intelligenten, überlegenen Denker vorstellen, aber so recht will der Funke nicht überspringen.
Der Bogen ist dann doch zu sehr überspannt und das Werk hinterlässt einen etwas naiven Eindruck. Fazit: Trotz einer sehr gekonnten schriftstellerischen Leistung gebe ich dem Roman wegen des fast kindlichen Inhalts 6 von 10 Punkten. Jetzt bitte aber nicht annehmen, es handle sich hierbei um einen Jugendroman. Es gibt doch ein paar sehr ernsthafte Szenen (die freilich nicht in das Gesamtbild des Romans passen).
Die Berge der Trauer
Die Novelle erschien erstmals auf Deutsch in der Sammlung Die Grenzen der Unendlichkeit. Hier nun wird diese Erzählung thematisch hinzugestellt und sie ergänzt die Geschichte um das Heranreifen von Miles Vorkosigan. In der Neuauflage werden nun die drei Novellen den einzelnen Bänden zugeordnet.
Auf dem Landgut der Vorkosigans erscheint eine Frau und fordert von ihrem Lord Gerechtigkeit. Ihr Kind wurde ermordet, weil es an einer Deformierung litt, die allerdings mit der inzwischen verfügbaren Technik zu beheben gewesen wäre. So kommt es, dass Lord Aral Vorkosigan seinen Sohn Miles beauftragt, für ihn Untersuchungen anzustellen. So macht sich Miles auf in ein Dorf in den Bergen, in dem die Entwicklung der letzten Jahre, die Barrayar vom Feudalplaneten zu einer Sternenmacht hat aufsteigen lassen, noch nicht erkennbar ist. Miles muss gegen uralte Vorurteile kämpfen und seine Gestalt ist gewiss nicht von Vorteil.
Die Novelle ist der beste Teil dieses Bands. Die Geschichte ist ernst und hat Tiefgang. Es wird viel Hintergrundwissen zu Barrayar gegeben, ohne dass jedoch Spannungsbogen oder Handlung vernachlässigt werden. Insgesamt ist die Erzählung also eine sehr gelungene Geschichte, die nahezu alles zu bieten hat, was einen Text lesenswert macht. 9 von 10 Punkten.
Der Prinz und der Söldner
Nach den Ereignissen mit den Dendarii-Söldner wurde Miles doch wegen besonderer Verdienste in die Militärakademie aufgenommen. Die Ausbildung ist nun abgeschlossen und zu seiner Überraschung wird Miles zu einem unwichtigen Außenposten versetzt mit der Begründung, er müsse lerne,n sich unterzuordnen (der Leser nickt sofort zustimmend).
Natürlich geht alles schief und Miles kann gerade noch verhindern, dass der dort ansässige General ein Massaker wegen Befehlsverweigerung verursacht. Miles' Karriere scheint am Ende, doch dann bekommt er ein Angebot, für den barrayanischen Geheimdienst zu arbeiten. Er soll die Dendarii-Flotte aus einem Wurmlochknotenpunkt heraushalten. Die Lage dort erhitzt sich und neben den Barrayanern und den Cetagandanern gibt es noch andere Fraktionen, die dort ein sehr gefährliches Spiel spielen. Doch kaum ist er dort angekommen, zeigt sich, dass all die Planung nichts brachte: Seine Deckung als Waffenschmuggler fliegt auf, er verliert den Kontakt zu seinem vorgesetzten Offizier und zu allem Überfluss wird er noch von einem Erzgegner gefangen genommen, der nun die Dendarii-Flotte kommandiert.
Als hätte Miles nicht schon genug Probleme am Hals, taucht auch noch in dem ganzen Chaos Miles' Jugendfreund, der barrayanische Kaiser Gregor auf, der auf jeden Fall gerettet werden muss. Miles steht vor der Prüfung seines Lebens.
Die Geschichte ist deutlich besser als Der Kadett. Miles wirkt plausibler und nicht alles läuft stets zu seinen Gunsten. Wie immer hat die Autorin die Geschichte sehr spannend erzählt. Ihre Romane haben kaum Längen und lesen sich fast von selbst. Nicht umsonst wurden Romane der Autorin mit dem Hugo Award als bester SF-Roman ausgezeichnet, auch wenn ich das in diesem Fall für ein wenig übertrieben halte. Ich hätte mir mehr der Ernsthaftigkeit der späteren Romane gewünscht. 7 von 10 Punkten.
Abschließende Wertung
Ich war insgesamt enttäuscht von der etwas flachsigen Art, wie die Abenteuer von Miles Vorkosigan erzählt wurden. Manches war selbst mit einem zugekniffenen Auge nicht recht zu glauben. Zu oft gelang es Miles, sich aus verschiedensten Notlagen herauszureden. So steht diese zweite Kollektion doch ein deutliches Stück hinter dem exzellenten ersten Band der Neuausgabe.
Abschließend sei zu sagen, dass die Neuausgabe recht gelungen ist. Vor allem lobend erwähnt sei die hervorragende Qualität des doch recht umfangreichen Taschenbuchs. Nach zweimaligem Lesen sehen Cover und Buchrücken fast wie neu aus. Keine eingerollten Ecken, wie das bei manchen Umschlägen der Fall ist, und auch kein gebrochener Buchrücken, wie dies bei Büchern mit minderer Qualität in der Regel vorkommt. Man wünschte, alle Taschenbücher würden in dieser Qualität gefertigt.
Barrayar, Band 3 - Rezensionsübersicht
Barrayar - Übersicht