Reihe: Vampira Neuauflage, Heft 5 Eine Besprechung / Rezension von Thomas Backus
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Die Kreatur kauerte hinter dem riesigen Schreibtisch. Sie sprach leise ins Telefon. Nervosität schwang in ihrer Stimme mit, tiefe Besorgnis. Ihre Augen glommen dunkel. „Hora ist tot. Alles zerfällt. Unsere Herren warten nur ab und hoffen, dass Landru das Desaster beseitigt.“
„Was können wir beitragen?“, fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung. „Das Grundstück entzieht sich immer noch jeder Untersuchung. Alle, die es betraten, sind verschwunden...“
„Das stimmt. Aber wir müssen erfahren, was dort vorgeht“, pflichtete die erste Kreatur bei. Und fügte seufzend hinzu: „Ich werde mich darum kümmern...“
Als der Bürgermeister von Sidney schwieg, legte Polizeichef Codd auf.
Das, was sich in den letzten Bänden andeutete, wurde nun ausgesprochen. Polizeichef Virgil Codd und Bürgermeister Al Weinberg gehören zu den Bösen. Sie sind Dienerkreaturen.
Das Grundstück, von dem sie sprechen, ist die Paddingtonstreet 333. Dort stand das Haus, in dem Lilith Eden hundert Jahre heranreifen sollte. Sie ist wegen Blutmangel zwei Jahre zu früh aufgewacht. Danach verschwanden Menschen. Wenn sie wieder aufwachten, starben sie an Altersschwäche, egal wie jung sie zu Anfang waren.
Dann verschwindet das Haus. Das Grundstück scheint bar jeden Lebens. Bis exotische Pflanzen wachsen. Und ein Apfelbaum. Dessen Früchte werden noch eine wichtige Rolle spielen.
Das Haus ruft Lilith zu sich, es will, dass sie ihren Schlaf vollendet – doch so sehr Lilith sich nach Antworten sehnt, für weitere zwei Jahre will sie nicht von der Bildfläche verschwinden.
Doch die Ereignisse verschlimmern sich weiterhin. Die Bedrohung bleibt nicht auf das Haus in der Paddingtonstreet 333 beschränkt. Es weitet sich auf die Nachbarschaft aus. Australische Götterwesen entarten. Sie verwandeln sich in Finsternis. Menschen werden in ihr eingeschlossen, wie Fliegen in Bernstein.
Der Aborigine Espen Storm erwartet von Lilith, dass sie das Chaos beseitigt, schließlich ist sie daran Schuld. Wie sie das machen soll, erzählt er ihr freilich nicht. Immerhin ist der Mann, der sich auch Oodgeroo Noonuccal, also Niemandes Freund nennt, ein eher undurchsichtiger Charakter. Immerhin nimmt er die Halbvampirin auf Traumpfaden mit in ihr Haus, bevor sie jedoch zu Antworten kommt, greift Landru ein...
Immerhin gelingt es Lilith später, Habakuk in ihre Gewalt zu bringen. Der äußerst ehrgeizige, aber nicht sonderlich talentierte Jungvampir verrät ihr unter dem Einfluss des Kleides so einige.
Landru, der keiner bekannten Sippe angehört, reist mit leichtem Gepäck. Er trägt nur drei Lederbeutel bei sich. Sie enthalten: Heimaterde, den Schrumpfkopf von Liliths Vater und eine Karte, die der Obervampir einem Dämon abkaufte (für welchen Preis auch immer).
Wir erfahren, dass sich Vampire und Dämonen nicht leiden können. Aber auch hier wird klar, dass sich Landru keine Skrupel kennt, seine Interessen durchzusetzen.
Eigentlich mag er lieber dem Kelch hinterherjagen, als sich mit dem Kund der Hure abzugeben. Aber ihn verbindet etwas mit deren Mutter, wie wir aus dem Satz
„Creanna“, flüsterte er (...) „Wir beide hätten alles erreichen können, wenn du nicht...“
erfahren.
Landru jagt gerne in Wolfgestalt, und so ist es nicht verwunderlich, dass er sich eine wölfische Gefährtin erwählt hat, eine Werwölfin namens Nona.
Die Reporterin Beth erhält mittlerweile von Phil Asgard ein unmoralisches Angebot. Sie hat einen anonymen Brief bekommen mitsamt einer Todesliste. Der Absender versprach ihr, sich zu melden, wenn er von seinem Spaziergang zurückkäme...
Diese Liste, so erfährt Beth, enthält über 70 Todesfälle durch Genickbruch in den letzten hundert Jahren. Wir wissen aus vorherigen Bänden, dass Detective Jeff Warner einem vermeintlichen Serientäter auf der Spur ist. Er weiß ja nicht, dass Vampire ihre Opfer nach dem Verzehr auf diese Weise unschädlich machen, um keinen Überschuss an Dienerkreaturen zu produzieren.
Asgard erwähnt auch, dass der Polizeichef Virgil Codd höchstpersönlich Warner auf ein Himmelfahrtskommando geschickt hat. Anschließend deutet er an, dass man die Reporterin vom Sydney Morning Herald nicht nur wegen ihrer Liebe zu ihrem Macintosh Notebook Macbeth nennt:
„Früher, Lady Macbeth, hat man Ihresgleichen verbrannt, und ich fürchte, Codd ist in solchen Dingen sehr altmodisch...!“
Landru ist auf der Suche nach dem Lilienkelch, einem Unheiligtum der Vampire. Es wird unbedingt benötigt, um in einem Ritual echte Vampire zu schaffen. Da dieser Kelch vor 267 Jahren verschwunden ist, haben die Blutsauger Nachwuchssorgen. Sie sind sogar gezwungen, Schlüsselstellungen durch Dienerkreaturen zu besetzen.
Dienerkreaturen trinken ebenfalls Blut, sind jedoch anfällig gegen Sonnenlicht. Diese Empfindlichkeit nimmt im Laufe der Jahre immer mehr zu.
Diese Dinge erfährt Lilith von Habakuk. Und ebenso die Namen ihrer Eltern: Sean Lancaster und Creanna.
Während sich Liliths Geschichte weiter entwickelt, gewinnt der Schauplatz Australien an Bedeutung. Die Traumzeit-Religion der Aborigines (Siehe auch das Info-Special auf der LKS). Nach deren Auffassung zogen einst Schöpferwesen, die sogenannten Wondjinas durch die Welt und besangen und benannten alle Dinge. Bis jetzt beseelen sie diese auch – bis sie jetzt mutieren. Esben Storm bringt es auf den Punkt:
Wondjinas sind keine Dämonen – aber ich sah einen, der wie ein solcher wütet. Der alles verschlingt. Der...
Nachdruck von: Reihe: Vampira, Heft 5
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