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Titel: Kennwort Psycho Eine Besprechung / Rezension von Thomas Backus
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Nachdem ich Blochs Roman über die Ripper Morde gelesen hatte, wollte ich unbedingt mehr von ihm lesen. Klar, dass Psycho ganz oben stand. Der Roman, der von Alfred Hitchcock verfilmt wurde, einem Klassiker des psychologischen Horrors! Jeder von Euch wird den Film kennen, und so erlaube ich mir, ihn in dieser Rezension mit einzubeziehen.
Das Titelbild des Buches zeigt Anthony Perkins, der in Hitchcocks Kult-Verfilmung den Norman Bates spielt. Obwohl er kein übergewichtiger Brillenträger ist, verkörpert er die Rolle des unsicheren Muttersöhnchens derart glaubhaft, dass er fortan in den Augen der Öffentlichkeit Norman Bates war – auch in weiteren Sequels, die jedoch nicht von Hitchcock inszeniert wurden.
Aber mit diesem Roman hat alles angefangen:
Norman Bates ist ein junger, dicklicher Mann, der gerne liest. Lesen bringt die Menschen nicht in Schwierigkeiten. Außerdem bildet Lesen. Im Moment ist er vertieft in ein Buch über die Inkas, und deren blutige Rituale.
Die Trommelbegleitung wurde zumeist auf dem Leichnam eines erschlagenen Feindes vollführt. Die Haut hatte man abgezogen und den bauch so kräftig gespannt, daß er ein Trommelfell bildete. Der ganze Rumpf fingierte als Schalldose, während aus dem Mund die pochenden Rhythmen ertönten – grotesk, aber wirkungsvoll...
Später werden wir erfahren, dass Norman solche Literatur bevorzugt. Natürlich streng wissenschaftlich, schließlich ist Norman ja kein kranker Psychopath, sondern ein Junge von nebenan. Auch wenn er sich fragt:
Wie hatten die das eigentlich gemacht, daß sie das Fleisch des Toten beizten und konservierten, um die Fäulnis zu verhindern?
Die meisten von Euch werden Norman vom Hitchcocks Film kennen, und somit auch seine Vorliebe für das Ausstopfen von Tieren und Müttern. Seine Vorliebe für Literatur (und Pornos) werden sie noch nicht kennen.
Ich bin kein Psychologe, aber Robert Bloch scheint einer zu sein. Die Stärke dieses Buches ist eindeutig die Charakterisierung der Figuren. Sie alle tun das, was sie tun aus ganz bestimmten Beweggründen, und in dem Moment wo sie es tun, erscheint ihnen das alles sehr logisch.
Norman streitet sich mit seiner Mutter. Diese beschimpft ihn als Versager, und er gesteht sich ein, dass sie Recht hat. Er möchte sich gerne auflehnen, findet aber nicht die Kraft dazu. Also fügt er sich, oder er flüchtet sich in seine Bücher.
Der Norman Bates des Romans ist viel erbärmlicher, als der des Filmes. Die Unsicherheit strömt aus jeder seiner Poren. Er tut einem leid.
Allerdings wird auch sehr viel deutlicher, dass er seine Mutter braucht. Weil sie ihm einen Halt in seinem Leben gibt. So schrecklich sie ihn auch behandelt, so sehr sie ihn verletzt, sie beschützt ihn auch. Die beiden verbindet eine Hassliebe, die im Film nur ansatzweise erkennbar ist.
Dann kommt Mary Crane ins Spiel. Im Film wälzt sie sich mit ihrem Liebhaber auf einem Hotelbett – und damit wird ihr ein flittchenhaftes Image verpasst, dass der Mary Crane im Buch so gar nicht entspricht.
Der Junge mit dem sie geht, wird in den Krieg geschickt. In der Ferne lernt er ein anderes Mädchen kennen, löst die Verlobung. Mutter erkrankt und wird von Mary gepflegt. Gleichzeitig arbeitet sie in einem Immobilienbüro, um ihrer kleinen Schwester das College zu finanzieren. Irgendwann schaut sie in den Spiegel und merkte, dass das Leben an ihr vorbeigezogen ist. Sie ist sichtlich gealtert, und die Chance auf ein erfülltes Leben scheint vertan. Dann stirbt die Mutter und sie nimmt eine kleine Auszeit. Auf der Kreuzfahrt lernt sie Sam Loomis kennen. Aber was anfänglich so schön aussieht, hat einen Haken. Der Mann hat kein Geld, sondern Schulden. Die hat ihm sein Vater mit einem kleinen Eisenwarenladen hinterlassen, und nun lebt er in einem kleinen Zimmer in seinem Laden, isst Bohnen und braucht noch 2 – 3 Jahre, um schuldenfrei dazustehen. Die Kreuzfahrt hat er gewonnen.
Lila sieht die Möglichkeit eines gemeinsamen Lebens, aber 2 – 3 Jahre warten, dass kann sie sich in ihrem Alter nicht mehr leisten. Deswegen ergreift sie die Gelegenheit, als ihr Chef sie mit 40.000 Dollar zur Bank schickt...
... die Tat ist nicht geplant, aber sie denkt, dass sie davon kommen könnte. Niemand kennt ihren Freund, und wenn sie erst einmal Mrs. Loomis ist, dann wird man sie nicht finden. Ihrem Verlobten will sie etwas von einer Erbschaft erzählen.
Sie verwischt ihre Spuren, indem sie zweimal ihren Wagen gegen einen neuen Eintauscht.
Dann verpasst sie in einem Unwetter die richtige Ausfahrt und landet in Bates Motel.
Norman Bates ist von der jungen Dame sehr angetan. Er läd sie zum Abendessen ein. In seinem Gespräch offenbart er einiges von seinen Problemen. Allerdings bekennt er auch, dass er es niemals zulassen könnte, dass man seine Mutter einsperrt. Sie hat schließlich viel für ihn getan, hat ihn allein großgezogen...
Während sie sich mit Normans Leben auseinandersetzt, und dem, was man tun müsste und sollte, entschließt sich Mary, umzukehren und das gestohlene Geld zurückzugeben. Die rechnet sogar aus, was sie die beiden Autokäufe kosten würden, wie lange sie braucht, das dafür ausgegebene Geld abzustottern.
Sie ist froh mit der Entscheidung. Hüpft und tanzt durch ihr Zimmer – nicht wissend, dass Norman sie durch sein Guckloch beobachtet und sie für ein Luder hält. Eine Schlampe, die in ihm zwiespältige Gefühle weckt. Eine Begierde, die berauschend ist, in ihm aber jede Menge Schuld wachruft. Er überlegt sich, was Mutter wohl sagen würde ... und dann betäubt er sich mit Alkohol.
Als er wieder aufwacht, sitzt er auf dem Sessel. Er ist eingeschlafen. Nebenan rauscht noch immer das Wasser der Dusche. Er schaut doch das Guckloch. Er findet die tote Mary in der Dusche. Und ja, er weiß, dass Mutter zu weit gegangen ist. Sie hat Mary getötet, um ihn zu schützen. Vor sich selbst, und natürlich auch vor diesem Luder.
Natürlich kann er ihr das nicht durchgehen lassen, aber er kann auch nicht zulassen, dass man Mutter einsperrt. Und so beseitigt er alle Spuren des Mordes. Er tut dies nicht gerne, das viele Blut ekelt ihn an. Und erst recht der nackte, tote, geköpfte Körper...
Dass die besten Pläne nichts taugen, das beweist nun Milton Arbogast, Versicherungsinspektor. Er hat kein Problem, Sam Loomis zu finden, unabhängig von Lila Crane (im Film folgt er ihr zu dem Eisenwarenladen). Er klappert dann auch alle möglichen Motels ab, und kommt ebenfalls Norman Bates auf die Schliche.
Nur um anschließend zu verschwinden!
Sam Loomis und Lila Crane suchen Mary nun auf eigene Faust – und auch sie landen in Bates Motel...
Der Film ist genial. Spannend umgesetzt. Zurecht ein Klassiker. Aber an das Buch reicht er nicht einmal ansatzweise heran. Während man im Film einige Straffungen vornehmen musste, schuf Robert Bloch ein ausgeklügeltes psychologisches Puzzle. Er zeigt dem Leser, wie seine Figuren ticken, und warum sie so ticken.
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Titel: Psycho Hinweis: Der Originalroman zum neuen Film von Gus Van Sant!
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Diese Ausgabe enthält auch einige Bilder aus dem Film. Farbbilder. Denn das Remake des Filmes wurde ja in Farbe gedreht. Übrigens nach dem Original-Drehbuch, wobei die Schauspieler angehalten waren, ihre Figuren neu zu interpretieren.
Es gibt auch ein paar wenige Szene, wo man gemogelt hat. Als Lila Crane in Normans Büchersammlung stöbert und Pornografisches findet. Außerdem hat man den Mord ein wenig plastische gestaltet – die Einstellung, in der die nackte Mary über den Rand der Dusche hängt, die ist etwas expliziter ... aber gerade nach dem Lesen des Buches ärgert es mich sehr, dass die Chance verpatzt hat, näher am Buch zu bleiben!