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Titel: Große Geschichten vom Kleinen Volk Eine Besprechung / Rezension von Thomas Backus
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Eine erstaunlich vielseitige Anthologie rund um die Hobbits, bzw. den Halblingen. Immerhin liegt auf dem Hobbit ein Copyright von Herrn Tolkien.
Story-Titel: Wie es zu allem kam, was hier drinsteht |
Es wäre doch großartig, wenn die besten deutschen Fantasy-Autoren gemeinsam ein Buch über Halblinge schreiben würden.
Das obligatorische Vorwort.
Story-Titel: Wenn einer eine Reise tut |
Sie waren Stützen ihrer Gemeinde, in der Stadt wohl angesehen, und sie hatten keinerlei Grund, an ihrer eigenen Bedeutung für das Gemeinwesen zu zweifeln.
Damit sind drei Halblinge gemeint, die sich während eines Regenschauers unterstellen. Diese drei repräsentieren den durchschnittlichen Halbling, der nichts für Abenteuer und Abenteurer übrig hat. Ähnlich werden ja die Hobbits auch von Tolkien beschrieben – wenngleich seine Befrachtung eine wohlwollendere war. Hardebusch hält diesen Spießbürgern einen Spiegel vor. Weniger eine richtige Geschichte, denn eine Charakterstudie – aber eine sehr gute. Hat mir gefallen!
Story-Titel: Held wider Willen |
Auch die nächste Geschichte geht auf die Mentalität der arbeitsamen Halblinge ein. Sie leben auf und von dem Land, und sie verbringen ihre Freizeit damit, die Früchte und die Gerstensäfte ihrer Arbeit zu genießen
Doch dann wird einer von ihnen von seltsamen, umherziehenden Hobbits angesprochen. Sein Großvater hat nämlich nicht nur Abenteuer erlebt, er hat sie auch niedergeschrieben. Ich bin dann mal weg – meine Reise auf den Pfaden der Drachen!
Das ist diesem Halbling sehr peinlich, denn es stellt eine große Schande dar, die seine Ehrbarkeit in Frage stellt. Er selbst würde niemals Abenteuer erleben wollen, erst recht nicht mit Drachen. Tut er dann doch, unfreiwillig, wie der Titel der Geschichte ja schon verrät.
Ein spannendes Abenteuer, welches glücklicherweise nicht totgeschwiegen wurde.
Story-Titel: Das Herz der Finsternis |
Es ist kein Vergnügen, mit Elfen zu reisen. Nicht einmal, wenn man selbst ein Elf ist, möchte ich behaupten, und ist man keiner, wird es vollends unerträglich.
Die abenteuerliche Geschichte dreier Halblingsdiebe und ihrer elfischen Aufpasser. Humorvoll und spannend.
Story-Titel: Beim Barte der Ahnen |
Diese Geschichte ist etwas platt und vorhersehbar. Ein Findelkind unter den Zwergen leidet darunter, dass ihm kein Bart wächst. Man braucht nicht den Hinweis, dass der Junge keine Schuhe tragen mag, um zu wissen, dass er beim falschen kleinen Volk aufgewachsen ist – und dass er sein Glück (die Liebe) außerhalb der Zwergensiedlung suchen muss.
Na ja, schlecht geschrieben ist die Geschichte nicht.
Story-Titel: Shloko Holmes & Der unsichtbare Armbrustschütze |
Mich wunderte schon immer, dass Sherlok Holmes so beliebt ist. Er ist ein unsagbarer Besserwisser, und die mag niemand leiden. Also, ich jedenfalls nicht. Deswegen bin ich nicht unvoreingenommen, was diese Geschichte angeht. Sie wird ihre Anhänger finden, ebenso wie die, auf die sie Bezug nimmt.
Story-Titel: Bullerboks Ende |
Bilbo Beutlin hatte einst einen Ur-Urgroßonkel, den berüchtigten Stierbrüller Tuk (je nach Übersetzung auch Bullenraßler Tuk genannt), der für seien Wildheit und Abenteuerlust bekannt war. Dieser mag das Vorbild für Bullerbok gewesen sein, einem Halbling, der den Kopf voller Flausen hat, und den die werte Halblinggesellschaft gerne ins eine Schranken verwiesen hätte. Dass gerade der ein unglaubliches Abenteuer bestehen wird, liegt irgendwie auf der Hand...
Nett.
Story-Titel: Die Hütte |
Da ist eine Hütte mitten im wohlgeratenen Dorf, die man meidet. Man wechselt die Straßenseite, um nicht in ihrem Schatten zu gehen. Denn dort lebte ein böser Halbling, und obwohl dieser in die Welt gezogen ist, um Reichtümer zu erobern, wohnt das Böse noch immer dort ... und natürlich ist es gerade diese Geschichte, die man den kleinen Halblingen ins Ohr flüstert, so wie man bei uns vom Schwarzen Mann spricht. Aber diese Geschichten machen neugierig. Verbotene Orte üben einen unwiderstehlichen Reiz aus...
Wird sich alles als harmlos herausstellen, oder nicht?
Story-Titel: In den Schatten |
Ein dunkler Schatten gleitet durch die Nacht. Er hinterlässt Zerstörung und Chaos. Gerissene Schafe – und sicherlich wird er auch die Halblinge nicht verschonen...
Doch dann taucht ein dunkler Reiter auf, ein Jäger der Schatten. Wird er die Halblinge retten können?
Eine der schwächeren Geschichten im Buch.
Story-Titel: Lorrich |
Schließlich bestand der Rat der Alten auch bloß aus einem einzigen Alten, aus Gormo Käuzling nämlich, der ohnehin alles selbst und zudem viel besser wusste und konnte als all die jungen Hüpfer, und zu diesen jungen Hüpfer zählte er sogar die nach ihm ältesten Dorfbewohner Forsch und Jokko Antrodisibus mit ihren annähernd einhundertzehn Jahren.
Rebecca Hohlbein erzählt in ihrer gewohnt humorvollen Art die Geschichte von Lorrich, der sich aufmacht, ein neues Dorf zu gründen, und der Widerstände durch den Dorfältesten und anderer Gefahren.
Die beste Geschichte im Buch – und einen Faulenzertag, den sollten wir überall einführen, jawohl!!!
Story-Titel: Der steinerne Fluch |
Zwei verfeindete Halblingdörfer, eine Liebeshochzeit und ein Hünengrab der Riesen ... das ist der Stoff, aus dem Frau Budinger eine spannende Geschichte webt. Heroischer als die meisten anderen, für mich vielleicht sogar ein bisschen zu heroisch.
Story-Titel: Die besondere Gabe |
Ein Halbling arbeitet in der Wirtsstube seiner Zieheltern. Diese sind Menschen, und sie beuten ihn schrecklich aus. Weil er so anders ist, wird er auch von den Gästen ständig verspottet – und weil er so anders ist, erträgt er dies mit Gleichmut. Wut ist ihm fremd.
Gerade deswegen nehmen ihn Elfen mit auf ein Abenteuer, denn sie benötigen seine besondere Gabe, um eine große Gefahr für die Menschheit zu bannen...
Eine der schwächeren Geschichten im Buch.
Story-Titel: Der Halbling |
Ein Autor schreibt einen Roman. Seine Hauptfigur soll ein Halbling sein, einer dieser kleinen Kerle, die ind er Fantasy immer dann vorkommen, wenn Kobolde zu klein und Zwerge zu groß sind.
Doch dieser Halbling mag nicht in der besagten Geschichte mitspielen, er kritisiert sie auf eine Art und Weise, die zeigt, wie klischeehaft die meisten Fantasygeschichten sind.
Diese hier ist übrigens nur wenig besser.
Story-Titel: Der Dolch des Ritters |
Auf Ihrer Reise gelangen der junge Bogin Kobbi und sein Herr der Magister Brady Langfried in eine Gaststube, in der die Stimmung seltsam angespannt sind. Sie wurden gefragt, ob sie von denen Drüben geschickt worden seien. Denn das Dorf liegt mit einem anderen auf der anderen Flussseite im Krieg, und es ist sehr wichtig für die Dorfbewohner, den Sieg über die Gegner davonzutragen.
Diese Geschichte vermag es hervorragend, den Charakter der Bogins herauszuarbeiten. Diese Halblinge arbeiten als Diener für Gelehrte, versorgen deren Haushalt und genießen dafür einen besonderen Schutz. Sie leisten ihre Arbeit still und ohne aufzufallen, und sie haben es gerne häuslich ... leider ist diese Geschichte nicht annähernd so gut, wie der Roman Der Fluch der Halblinge, der ebenfalls bei Bastei Lübbe erschienen ist.
Story-Titel: Zur toten Krähe |
Die Geschichte zweier Brüder, Boggars, wie man die nicht mehr jugendlichen, aber noch unverheirateten Halblinge nannte. Dieser Zustand (und nichts anderes war es) konnte vom zwanzigsten bis dreißigsten Lebensjahr reichen, ohne in irgendeiner Form peinlich zu wirken...
Diese beiden Brüder geraten in eine verwunschene Schenke, die sie beinahe nicht mehr lebend verlassen. Und ja, die Geschichte an sich finde ich nicht besonders. Nett sind jedoch einige humorvolle Szenen und Beschreibungen. Wie die der Gewitterhörnchen, die weder besonders schmackhaft, noch scheu waren.
Oder der Spruch mit den Zwergenfrauen und der Halblings-Halbblutkinder.
VORSICHT SPOILER
Ein hübsches Bild, wie sie sich mit ihren großen Halblingsfüßen auf die langen Zwergenbärte treten.
SPOILER ENDE.
Story-Titel: Ruhe sanft |
Jackson Peter kommt einer Steuerhinterziehung auf die Spur, die nicht von dieser Welt ist.
Ein paar Anspielungen machen leider keine gute Geschichte aus, aber wahrscheinlich wollte man seinen Namen im Buch haben. Hätte das Buch aber nicht nötig gehabt.
Anhänge |
Der Titel des Buches lautet Große Geschichten vom Kleinen Volk. Das klingt gut und trägt sicherlich zur Vermarktbarkeit des Buches bei. Was jedoch den Charme an den Hobbits und vor allen Dingen des Buches ausmacht, sind die kleinen Charaktereigenschaften und die kleinen Geschichten, die von Bedeutung sind. Man muss nicht immer gleich die ganze Welt retten, so wie es Frodo und Sam taten. Selbst Bilbo hat kleinere Brötchen gebacken.
Tolkien hat mit den Hobbits die einfachen Leute beschrieben, und das gelingt beinahe allen Autoren in diesem Buch. Gemütlichkeit und Humor vor Heldentum und übermenschlicher Stärke. Und gerade das gefällt mir.
Erwähnen möchte ich noch die tolle Aufmachung mit den vielen Innenillustrationen. Klasse. Jede von diesen hätte das Zeug, als Poster die Wände eines Hobbitfans zu zieren.