Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von RealS |
Inhalt: Die Menschheit steht im Krieg mit Invasoren. Dabei kommt es seit einiger Zeit zu erheblichen Sabotageakten auf verschiedenen Planeten. Das Militär hat nun herausgefunden, dass den 'Unfällen' immer eine verschlüsselte Nachricht in einem Code vorausgeht, der den Namen Babel-17 bekommt. Alle Entschlüsselungsversuche scheitern. Deswegen wendet sich General Forester an die ehemalige beste Mitarbeiterin der Kryptographieabteilung, Rydra Wong, die jetzt im Alter von 26 schon die bekannteste Dichterin von fünf Galaxien ist. Sie verfügt über ein einzigartiges Sprachgefühl und erkennt, dass es sich bei Babel-17 nicht um eine verschlüsselte Nachricht, sondern um eine eigene Sprache handelt. Zwar gelingt es ihr zunächst nicht, die Sprache zu verstehen, doch kann sie zumindest herausfinden, wo die Invasoren das nächste Mal zuschlagen werden. Nachdem sie sich eine Crew zusammengesucht hat, macht sich Rydra Wong auf den Weg, Babel-17 auf den Grund zu gehen.
Bewertung: Es fällt schwer, diesen Roman zu beschreiben: Einerseits handelt es sich um eine Space Opera. Kernpunkt der Handlung ist die "Entschlüsselung" von Babel-17. Auf diesem Gebiet kann der Roman allerdings nicht ganz überzeugen. Vieles ist einfach zu platt oder wird nicht wirklich anspruchsvoll erzählt. So erklärt Rydra dem General, dass sie aufgrund einer Behandlung ein "totales Verbalgedächtnis" und "das absolute Gehör" habe, woraufhin dieser (unironisch) fragt, ob nicht auch noch "Blitzrechnen und ein eidetisches Gedächtnis" hinzukämen, was aber dann doch nicht ganz der Fall ist... Aber immerhin beherrschte sie mit zwölf schon sieben Erd- und fünf außerirdische Sprachen. Auch wäre es nicht wirklich nötig gewesen, dass sich der General auf den ersten Blick in die - natürlich sehr gut aussehende - Rydra Wong verliebt oder eine 'Harmloser-ängstlicher-Bürger-wird-in-das-wilde-Leben-eingeführt"-Geschichte eingewoben wird. Positiv zu vermerken sind aber einzelne Ideen, die leider nicht genug Raum erhalten, beispielsweise die Körper-Modifikationen der einzelnen Crewmitglieder in Bezug auf ihre Funktion an Bord des Schiffes.
Andererseits zeigt "Babel-17", dass Delany ein Autor des New Wave der Science Fiction war, dadurch, dass er sich nicht auf das oben Genannte beschränkt. "Babel-17" ist ebenso ein Roman über Sprache, ihren Aufbau und ihre Wirkung. Wie beeinflusst Sprache unser Denken und damit auch unser Handeln? Führt das Fehlen eines gewissen Wortschatzes zu einem gewissen Verhalten? Und kann eine andere Art von Sprache uns eine genauere Sicht der Wirklichkeit geben, indem beispielsweise ein Wort den Zustand eines Raumes genauso exakt beschreibt wie eine halbe Seite Text? Die dahinter stehende Diskussion ist die um die Sapir-Whorf-Hypothese - die Abhängigkeit der Gedanken von der eigenen Sprache. Delany stellt diese Fragen, doch fallen seine Antworten eher flach aus. In den meisten Fällen bleibt es bei bloßer Behauptung. Das führt natürlich zu Akzeptanzschwierigkeiten beim Leser, wenn dieser kein Anhänger der o.g. Hypothese ist.
Der Einfluss der Sprache wurde von mehreren bekannten Science-Fiction-Autoren 'untersucht' oder jedenfalls 'verwendet', so u.a. von George Orwell (Newspeak/Neusprech in "1984"), Neal Stephenson ("Snow Crash") und Ursula K. LeGuin ("The Dispossessed").
Fazit: Der Roman lässt den Leser etwas unbefriedigt zurück, da keiner der genannten Aspekte des Romans allein überzeugt und sich daran auch durch das - an sich schon nicht einfache - Zusammenspiel der beiden Ebenen nichts ändert. Hätte Delany die Ideen und die Handlung des Romans auf doppelt so vielen Seiten ausgebreitet, hätte der Roman deutlich an Qualität gewonnen.
Babel-17 gewann 1966 den Nebula-Award.