Serie: Kinder der Erde, Band 5 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Nach einer langen Reise vom Schwarzen Meer bis zum Ursprung der Donau hinauf haben die beiden Steinzeitmenschen Ayla und Jondalar zurück zu seinem Heimatstamm gefunden. Ayla ist verunsichert, weil sie nicht weiß, wie die Zelandoni sie empfangen werden. Doch ihre Furcht ist unbegründet, und wegen ihrer vielen Talente ist sie bald ein angesehenes Mitglieder der Gemeinschaft. Für die Zelandonii, die Medizinfrau des Stammes, stellt sie eine Bedrohung dar, denn ihr Wissen ist dem der spirituellen Führerinnen ebenbürtig, und auch im Heilen ist Ayla eine Meisterin. Für die Frau gibt es nur eine Möglichkeit. Um den Frieden des Stammes nicht zu gefährden, muss sie ebenfalls eine Zelandonii werden, denn zum einen weiß sie einfach zu viel und zum anderen müssen ihre Fähigkeiten genutzt werden. Doch Ayla will nach der langen Zeit der Wanderschaft endlich sesshaft werden und mit Jondalar eine Familie gründen.
Der bislang letzte Band der Reihe legt nun den Schwerpunkt auf die Beschreibung der frühen Cro-Magnon-Hochkultur, denn die Zelandoni waren allen anderen Stämmen damals überlegen. Obwohl natürlich viel Spekulation im Spiel ist und vieles, was Jean M. Auel schreibt, auf Vermutungen basiert, hat sie doch sehr intensiv Recherche betrieben. Örtliche Funde in Südfrankreich zeugen von einer fortschrittlichen Kultur. Die Vielzahl an unterschiedlichsten Werkzeugen lässt den Schluss nur nahe, dass bereits eine starke Arbeitsteilung vorherrschte und nicht alle Mitglieder des Stammes aktive Jäger waren. Auf dieser Basis beschrieb die Autorin mit viel Detailreichtum eine Steinzeitkultur, die wesentlich weiter entwickelt war, als man so gemeinhin immer dachte. Dies ist die wahre Stärke des Romans, denn Jean M. Auel bietet uns fast einen einmaligen Blick auf unsere Vorfahren.
Allerdings müssen die schriftstellerischen Lobpreisungen der Autorin eingeschränkt werden. Es gab Kritiker, die sie mit J. R. R. Tolkien verglichen, aber das ist kompletter Unsinn, denn die Autorin setzt ihr primäres Interesse daran, die Lebensweise der Menschen in der Steinzeit zu beschreiben, und der Wunsch, einen gelungenen Roman zu verfassen, scheint nur von sekundärem Interesse zu sein. Ob es nun am mangelnden Talent oder reinem Desinteresse liegt, vermag ich nicht zu sagen, aber dem Roman fehlt so ziemlich alles, was einen Roman ausmacht. Da gibt es keinen Spannungsbogen, keine überraschenden Wendungen, sondern nur fortgesetzte Beschreibungen der Kultur. Nein, Jean M. Auel ist keine großartige Autorin.
Trotzdem ist der Roman, das mag jetzt widersprüchlich erscheinen, lesenswert. Es sind die gelungenen Beschreibungen der frühzeitlichen Welt, die den Leser bei der Stange halten und sogar bewirken, dass man den Roman zu guter Letzt mit einem positiven Gefühl weglegt.
7 von 10 Punkten