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Reihe: Die Legenden von Attolia, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der Kleinstaat Sounis ist wie jedes Land - hier gibt es Einwohner und Herrscher, edle Menschen und verbrecherische Menschen. So besitzt auch Sounis ein Gefängnis, in das sich der Dieb Gen durch seine Prahlereien selbst hineingebracht hat. Seine Missetaten sind nicht sonderlich erwähnenswert; allein schon die Tatsache, dass er sie begangen hat und mit ihnen prahlt, gehört aber bestraft. Dem Prahlhans drohen einige Jahre hinter Schloss und Riegel, doch die Autorin Megan Whalen Turner bietet ihm die Gelegenheit einer Strafverkürzung. Vorzeitig in die Freiheit entlassen, gerät er nun eine andere Art von Gefangenschaft. Er soll dem Magier des Königs helfen, ein sagenumwobenes Artefakt aus dem Nachbarland Attolia zu stehlen. Wenn Diebe stehlen, gehen sie ins Gefängnis, wenn Herrscher stehlen (lassen), nennt man das im ungünstigsten Fall unfreiwillige Eigentumsübertragung.
Der Hintergrund des Diebstahls ist relativ einfach zu erklären. Das Reich Meder will Führungsansprüche durchsetzen, indem es Eroberungspläne gegenüber den Staaten Eddis, Attolia und Sounis ausführt. Logischerweise würden die entsprechenden Herrscher arbeitslos und wollen dies verhindern. Vor allem der Herrscher von Sounis will von der Eroberung nichts wissen. So macht sich sein Magier (warum fällt mir hier spontan Gandalf ein?) mit dem Dieb auf, um im feindlichen Nachbarreich Attolia auf Schatzsuche zu gehen. Mit einer kleinen Gruppe sind die zwei auf einer Abenteuerfahrt, die wahrscheinlich so enden wird, dass Gen im zweiten Teil die Königin trifft und im dritten Teil selbst Herrscher wird.
Die Ich-Erzählung aus der Sicht des Diebes Gen ist von Megan Whalen Turner leider sehr einfach und durchschaubar gestrickt. Ein geschickter Einbrecher soll in Begleitung einer kleinen Truppe unter der Führung eines Zauberers - allerdings ohne Zuhilfenahme von Zauberkraft - den Stein finden und zurückbringen. Dumm nur, dass die Heldentruppe mit einem Verräter aufgefüllt wurde und dass sich plötzlich Götter, an die keiner recht glaubt (ist ja klar, wenn niemand an sie glaubt, gibt es sie nicht mehr, übrig bleibt das berühmte Logikwölkchen), einmischen. Der Vorteil dieses Buches ist: Es nimmt weder die Handlung noch die Personen sonderlich ernst. Megan Whalen Turner hat mit ihrer Art von Humor ein reizvolles Verwirrspiel gestaltet. Die beteiligten Personen sind sehr lebensecht beschrieben, was sie wiederum sehr sympathisch macht. Selbst der Aufschneider Gen, der die Leser immer wieder mit seiner einseitigen Sicht der Dinge in die Irre führt, wirkt nicht übertrieben. Wer jedoch ein Buch erwartet, dass auf typische Fantasy verzichtet, nur mit Augenzwinkern gelesen werden kann, irrt gewaltig. Gegen Ende des Buches wird es gewalttätig und gleichzeitig philosophisch.
Band 1: Der Dieb (The Thief)
Band 2: Die Königin (The Queen of Attolia)
Band 3: Der Gebieter (The King of Attolia)