Titel: Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt Eine Besprechung / Rezension von Rainer Innreiter (hier noch weitere Rezensionen von ihm auf seiner Homepage) |
Das also ist Disneys diesjähriger Beitrag auf dem Animationssektor? 90 Mio. $ betrug das Budget für den Film, und er wird Mühe haben, dieses in den am. Kinos einzuspielen. Finanziell hat es ärgere Flops für Disney gegeben - künstlerisch wohl kaum! Zwar habe ich nicht alle Disney-Filme (ich beziehe mich auf Animationsfilme) gesehen, aber es fällt mir schwer anzunehmen, dass irgend ein Vorgänger von Kursivan Atlantis auch nur annähernd dermaßen schlecht sein könnte. Dabei ließ die Story noch spannendes, unterhaltsames vermuten: Irgendwann zu Anfang des 20. Jahrhunderts ist der junge Milo Thatch überzeugt, dass Kursivan Atlantis, der sagenhafte Kontinent, dereinst existierte und nur darauf wartet, wiederentdeckt zu werden. Doch schon sein Großvater, von dem er die Begeisterung für Kursivan Atlantis übernommen hat, wurde für seine Thesen verlacht und gleiches Schicksal droht Milo. Aber Rettung naht in Gestalt eines alten Freundes seines Großvaters, der ihm ein riesiges U-Boot und eine Expeditionsmannschaft zur Verfügung stellt. Tatsächlich gelingt es ihm Kursivan Atlantis zu entdecken, welches zwar unter dem Meer in einer gigantischen Höhle existiert, doch unbeabsichtigterweise droht durch ihn die endgültige Vernichtung seiner Bewohner...
Klingt eigentlich ganz spannend, aber die Umsetzung ist wirklich erbärmlich. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie mies dieses Machwerk ist! Vielleicht sollte ich es so versuchen: Atlantis erinnert in keinster Weise an einen Disney-Film, sondern vielmehr an eine x-beliebige dieser neuen Kinderserien mit unsympathischen Figuren, Gewalt, strunzdoofer Story und langweiligem Brimbamborium. Meine konservative Auffassung von einem Disney-Film sei uneingeschränkt eingestanden: Ich mag diese kitschigen Stories, altbackenen Moralvorstellungen, kuriosen Nebenfiguren, wunderschönen, handgezeichneten Animationen, sogar die meist belanglosen Trällerliedchen. Das erwarte ich einfach von einem Disney-Film, der wohl nicht nur für mich zu einer Institution geworden ist.
Kursivan Atlantis bricht mit alledem: Trotz des für einen Zeichentrickfilms gigantischen Budgets wirkt er nachgerade billig und lieblos runtergekurbelt - kein Vergleich etwa zur Pracht eines Aladdin oder dem Anmut von Die Schöne und das Biest. Vielmehr erinnerte mich der Zeichenstil an Computerspiele wie Baphomets Fluch . Genau so lieblos und eindimensional erfolgt die Charakterisierung der Protagonisten. So ist zB der Schwarze riesig und mit gigantischen Muskelbergen ausgestattet, der Franzose verrückt und arrogant, der Bösewicht einfach nur böse, ohne Ecken und Kanten. Es spottet jeder Beschreibung, wie hier Disney seinen eigenen Mythos demontiert! Ärgere Anti-Werbung für das eigene Unternehmen ist eigentlich nicht vorstellbar. Alles, was den Reiz und Charme typischer Produktionen des Disney-Konzerns ausmacht, ist hier ins Gegenteil verkehrt worden.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass in diesem Film gestorben wird. Gut, das ist nicht das erste Mal und gehört zu einer sentimentalen Story dazu, aber hier geschieht es so belanglos und nebensächlich, dass man verblüfft ist. Das Sahnehäubchen sind völlig unpassende Story-Elemente wie gesichtslose Soldaten aus dem deutschen Kaiserreich oder an amerikanische Heldencomics erinnernde Szenen. Dass mal wieder zufällig ein Vulkan ausbricht, braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden, oder? Alles in allem ein furchtbarer Film, der hoffentlich einen einmaligen Ausrutscher von Disney darstellt und einen Disney-Fan wie mich wahrlich hart trifft.
Vielleicht lag ja die Intention der Verantwortlichen darin, mit den üblichen Filmen zu brechen und sich dem jungen Publikum anzupassen. Aber muss denn jede liebgewonnene Tradition auf Biegen und Brechen "verschlimmbessert" werden? Selbst wenn sie sich bewährt hat? Man kann nur hoffen, dass sich Disney wieder alter Stärken besinnt und solch hirnlose Massenware großmütig der Konkurrenz überlässt.