Reihe: Dragon Age 3 Eine Rezension von Mario Pfanzagl |
Die Rebellion der Magier von Kirkwall hat in ganz Thedas zu einer neuerlichen Anspannung des Verhältnisses zwischen Templern und Magiern geführt. Gerade in dieser explosiven politischen Großwetterlage geht ein Gespenst im Weißen Turm in Orlais um und es mordet. Doch die Mordserie an Magieranwärtern lässt sich von den Templern nicht länger verbergen und allmählich erfahren auch die von der Außenwelt sonst abgeschnittenen Magier was vor sich geht. Doch ein Magier glaubt zu wissen wer hinter den Morden steckt und... landet mit dieser Erkenntnis selbst im Kerker, als ihn eine Templer zur falschen Zeit am falschen Ort erwischt.
Nun bietet sich für Rhys jedoch eine Chance dem Kerker und möglicherweise auch der Exekution zu entkommen, eine Heldin der letzten Verderbnis ist nach Orlais gekommen und hat den dortigen Zirkel der Magi um Hilfe ersucht. Wynne will jedoch nicht irgendeinen Magier für ihre Mission im Auftrag rekrutieren, sondern ihren Sohn - Rhys, eines der fähigsten Geistmedien des Zirkels. Doch die geheimnisvolle Natur des Auftrags Wynnes, der sie und ihre Begleiter in eine ehemalige Festung der Grauen Wächter führen wird ist auch dem Lord Seeker Lambert nicht entgangen, der nun die Kontrolle über die Templer des Weißen Turms inne hält. Um den des Mordes verdächtigen Rhys nicht aus den Augen zu verlieren und die Kirche vor wie auch immer gearteten Enthüllungen im Zuge von Wynnes Mission zu schützen, entsendet er Knight-Captain Evangeline mit auf die Reise. Doch neben ihr schließt sich auch die Magierin Adrian der Gruppe an und auch ein unsichtbarer Begleiter folgt den drei Magiern und der Templerin...
Im Endeffekt scheint Dragon Age 2 nur ein Lückenfüller gewesen zu sein und allzu viel gab die Story ja auch nicht her. Ein Aufstand brach los und die Templer tun sich seit jeher schwer ihre "Schützlinge" unter Kontrolle zu halten, nun versucht sich auch noch ein Magier daran die Göttliche Justinia V. zu ermorden und die Seeker of Truth übernehmen Führungspositionen innerhalb der Templer Kontingente, die in den Zirkeln stationiert wurden. Aus Dragon Age 2 weiß man, es kommt zum Krieg, nur in ASUNDER wirkt es so als wäre man noch einen großen finalen Akt davon entfernt. Autor David Gaider weiß natürlich bereits wie es mit Theads weiter laufen wird, immerhin ist er der Chefautor hinter den Dragon Age Games und Teil 3 harrt derzeit seiner pompösen Ankündigung, sicherlich weil man ein wenig von der Konkurrenz (Elder Scrolls V: Skyrim) eingeschüchtert ist. Es war auch Gaider der mit den vorangegangen beiden Dragon Age-Romanen stets einen Blick auf kommende Ereignisse freizugeben vermochte. THE STOLEN THRONE behandelte die Rebellion Fereldens und den Aufstieg Loghains, sowie dessen verräterische Veranlagung, THE CALLING präsentierte bereits den Architekten und stellte die Grauen Wächter mehr ins Rampenlicht. ASUNDER ist nun ein Dragon Agen Roman der nicht in der Vergangenheit spielt, sondern zwischen Dragon Age II und Dragon Age III.
Wenn es die Göttliche, die Kirche (Chantry) und den Spoiler am Ende von Dragon Age II betrifft darf natürlich Leliana nicht fehlen. Als Agentin der Göttlichen spielt sie in ASUNDER jedoch nur eine geringe Rolle. ASUNDER ist Wynnes große Stunde, denn immerhin ist ihr ihre zweite Chance im Leben für etwas bestimmtes geschenkt worden. Eine ähnlich knapp bemessene Rolle hat auch eine alte Bekannte aus THE CALLING erhalten, Fiona, die diesmal als Vorsitzende (Grand Enchanter) des Kollegiums der Ersten Verzauberer (First Enchanters) mit an Bord ist. Allerdings erst sehr viel später im Verlauf der Handlung. Zunächst fällt einmal auf dass David Gaider in ASUNDER neben Wynne noch einen dritten Dragon Age Origins Charakter aus dem Hut zaubert, den/die Golem Shale. Einige humrovolle Randbemerkungen sind also garantiert.
Rhys und Adrians Reise zur ehemaligen Grauen Wächter-Festung wird derweil für die beiden wie auch den Leser zu einem Augenöffner über die Probleme der Beziehung zwischen Templern und Magiern. Beide Fraktionen bestehen mehr oder weniger aus Menschen, mit menschlichen Bedürfnissen und Gefühlen, sonst wäre aus einer solchen Verbindung auch nie Rhys entstanden. Doch beide Seiten hegen massives Misstrauen gegen die andere, was nicht unbegründet ist. Aber auch auch die einfachen Leute aus den Dörfern Orlais, auf welche sie treffen, haben ihre Ressentiments. Die Templer, vor allem so "liberale" wie Ser Evangeline sind der Ansicht sie würden die Magier beschützen, notfalls auch vor sich selbst und dafür gäbe es schließlich auch den Zirkel. Magie ist in der Vorstellung dieser Templer nicht an sich böse, aber sie gehört besser kontrolliert. Hardliner wie Lambert hingegen sehen in den Magiern nicht allenfalls schützenswerte Kreaturen, sondern so etwas wie unverbesserliche und gefährliche Sünder und Geschehnisse wie in Kirkwall oder der Dämonenausbruch in Ferelden vor noch längerer Zeit geben ihnen scheinbar recht. Auf der anderen Seite fühlen sich die Magier von den Templern erdrückt, in allen Aspekten ihres Lebens eingeschränkt und längst nicht mehr human behandelt. Die Willkür mit der die Templer einige der ihren in die Kerker werfen, dem Ritual der Besänftigung unterziehen und Rebellionen wie in Kirkwall niederschlagen geben auch ihnen Recht.
Beide Seiten kennen ihre Abtrünnigen, doch miteinander konfrontiert müssen Rhys und Evangeline doch beginnen ihre Überzeugungen zu überdenken. Was Rhys nicht ahnte ist ja dass die Templer lyriumabhängig gemacht werden und somit auf das Wohlsinnen ihrer Dienstherren angewiesen sind, während die Magier selbst durch die Erziehung und Ausbildung im Tempel eine sehr viel höhere Bildung als einfache Bauern genießen, die zudem stets unter den zahllosen Bürgerkriegen und Aufständen des Kaiserreichs zu leiden haben. Und doch am Ende des Buchs werden Magier und Templer sich im Krieg befinden, die Reise zur Festung, ist metaphorisch bereits der Weg dorthin.
Denn in Adamant hat ein Besänftigter im Auftrag der Göttlichen höchstselbst Experimente begonnen, die scheinbar gescheitert sind und dazu geführt haben dass die Festung von Dämonen besessen ist. Und Wynnes Mission führt sie genau dort hinein, denn es war ihr alter Freund Pharamond, der sie begann. Nur Pharamond ist bzw. war ein Besänftigter, wie könnte ein solcher jemals einem Dämonen erliegen, ist Sinn und Zweck des Rituals der Besänftigung doch einen Magier vor solchen Einflüssen und somit sich selbst zu schützen, indem ihm gewissermaßen sein selbst genommen wird?
- Erzählerisch -
Im Gegensatz zu STOLEN THRONE ist ASUNDER auf keine Zeitsprünge angewiesen, was dem Buch zu seiner geradlinigen Handlung verholfen. Zumal auch nicht klar ist, ob und wer für Dragon Age 3 am Leben bleiben muss, ist auch ein gehöriges Maß an Spannung vorhanden, das einem auch versehentliches "vorblättern" nicht nehmen kann. Das Buch mag zwar an manchen Stellen stark klischeebelastet sein, doch David Gaider versteht es zu gut Enthüllungen über die Handlung verteilt einzuflechten, anstatt diese in Bausch und Bogen billig auf den letzten 30 Seiten runterzurattern. So bleibt es auch viel spannender und interessant zu lesen ist es für Dragon Age Fans ja, nicht nur weil Wynne und Shale mit dabei sind, sondern gerade weil mehr auf den Templer vs. Magier-Konflikt eingegangen wird, der schon bald eskaliert. Pharamonds Experiment und dessen Konsequenzen sind jedoch nur ein Teil der Handlung, gewissermaßen die Quest zu der Rhys mit Wynne aufbrechen darf. Es gilt ja auch einen geheimnisvollen Mörder zu fassen bzw. einen jungen Mann vor sich selbst und seinen unkontrollierten Gaben zu retten. Mit diesem "Questaufbau" und der Vorstellung vor Augen, wie das ganze in einem RPG aussehen würde, versteht man wie einfach es David Gaider fallen dürfte einen solchen Roman in ein Dragon Age Spiel einzubauen bzw. man erkennt vielleicht auch besser wie viel "Zeilen und Seiten" hinter einer solchen Quest im Game nun stecken.
- Die Charaktere -
Wer von den in ASUNDER neu eingeführten und wiederverwendeten Charakteren auch in Dragon Age 3 noch eine bedeutende Rolle einnehmen wird ist unklar, mit Sicherheit werden aber Justinia V. und Leliana (die außerdem nur als Nebencharaktere in Erscheinung treten) wieder mit von der Partie sein. Alle anderen sind also theoretisch zum Abschuss freigegeben, was der Spannung des Buchs ganz und gar nicht abträglich ist.
Deutlich zu Tage tritt zunächst allerdings einmal David Gaiders Hang zu starken weiblichen Persönlichkeiten, wie Wynne, Evangeline, Adrian, aber auch Shale. Umgeben von diesen ist Rhys der einzige Mann auf Seite der Guten, seit sich der geisterhafte Cole ja eher wie ein Kind verhält und zudem moralisch schwer einzuordnen ist, ein Grauzonencharakter wie man sie in Dragon Age immer wieder findet. Die Dominanz starker Frauen hängt aber zum Teil auch mit der Struktur der Chantry zusammen, die sich auf Andraste beruft und anstatt eines Papstes und einer Kurie alter Männer eine Göttliche und viele alte Frauen an ihrer Spitze hat. Eine Situation die unterschwellig allerdings auch Ressentiments beim Lord Seeker hervorbringt, der sich wie die Templer nicht unter eine das "Magier-Problem" zu zahnlos anpackende Göttliche einordnen will. Dabei wären ja die Templer selbst kein reiner Männerverein, aber Hardlinern die sich göttlicher als die Göttliche betrachten ist wohl jedes Vorurteil recht ihren Glauben mit Feuer und Schwert durchsetzen zu dürfen.
Zumindest beim Lord Seeker weiß man also auf wessen Seite er steht, der der Bösen. Und das obwohl es mit den sehr realen Dämonen, auf welche Wynnes Gruppe in der ehemaligen Wächterfestung trifft, eine wirklich abgrundtief bösere Variante des Bösen gibt. Doch der Lord Seeker steht zum Teil für das woran Thedas wirklich krankt, nicht den dunklen Mächten die hinter dem Schleier lauern, sondern der Verdorbenheit und Skrupellosigkeit die den Menschen schon innewohnt und einige wie Lambert auch ausleben.
Der Zweck heiligt die Mittel - ist eines der Themen mit welchen sich verschiedene Charaktere auseinandersetzen müssen. Der Mörder aus dem Weißen Turm etwa will nur leben und nicht im Nichts verschwinden, Adrian will den Templern die Stirn bieten und den Zirkel von der Aufsicht durch die Kirche befreien, selbst Wynne hat ihre Geheimnisse und Rhys erst recht, will er doch gewisse Leute schlicht beschützen.
Im Zentrum des Spannungsfelds dieser auseinanderdriftenden Ziele steht Rhys, der eigentliche Protagonist. Als Magier zwar auf Seiten der Libertarianer stehend ist Rhys durchaus jemand mit gemäßigter Perspektive, ähnlich seiner eigenen Mutter. Auf gewisse Weise repräsentiert er mit seinem Standpunkt auch jenen der Mehrheit der Magier, was ihn zum Dreh- und Angelpunkte des aufkommenden Konflikts werden lässt. Durch seine Zuneigung zu Evangeline erfährt Rhys eine klarere Sicht auf die Perspektive der Templer, wird dadurch aber nicht zum Loyalisten.
Rhys befindet sich unterdessen auch im Mittelpunkt einer spannungsgeladenen Dreiecksbeziehung, zwischen der unerwiderten Liebe seiner Magier-Kollegin Adrian, die für eine radikale Sezession der Magier von der Kirche und ihren Institutionen eintritt und den Sympathien Evangelines, die sich von der anfangs etwas naiv-loyalen Templerin zu einer eigenständigen Position durchringt. Nun überrascht es nicht, dass Adrian als eine Art Anders-Aufguss von Gaider weit weniger ausgearbeitet wird, als Ser Evangeline, die sich charakterlich im Verlauf der Handlung wie Rhys wirklich entwickelt. Dass die Hardliner wie Adrian, Fiona und Lambert allerdings am Ende scheinbar ihren Willen durchzusetzen am nächsten kommen, ist die Tragödie ASUNDERs. Während moderate Gestalten wie Rhys und Evangeline durch die Ereignisse geformt werden, bleiben die Falken am Ende dort wo sie schon am Anfang standen und fühlen sich bestenfalls noch umso mehr bestärkt in ihren Handlungen. Der Weg der Mitte, Mitgefühl, Verständnis für die anderen... er spendet Hoffnung, führt aber nicht aus dem Dilemma hinaus aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt.
- Resümee -
David Gaiders ASUNDER ist und bleibt ein Roman zu einem Videospiel, allzu hohe Erwartungen in Sachen Anspruch und Erzählung sollte man daher nicht hegen. Mit entsprechend reduzierten Ansprüchen an das Buch wird man dafür aber angenehm überrascht. Gaider ist ein Lead Autor aus der Spieleschmiede Bioware, seit langer Zeit bekannt für Games die sich auf faszinierende Geschichten verstehen und oft als Beispiel dafür herhalten können, dass Videospiele auch eine Form von Kunst sein können. Aber auch Gaider kocht nur mit Wasser und greift und hie und da auf manches Klischee zurück. ASUNDER ist dessen ungeachtet ein noch beklemmenderes Buch als die vorigen beiden Dragon Age Romane, man weiß aus dem Epilog von Dragon Age 2 und den über Teil 3 der Saga durchgesickerten Informationen dass es nicht gut ausgehen kann. Kirkwall hat das Stroh bereitet, ASUNDER ist der Funke der es entzünden wird.
Fazit:
Für Dragon Age Fans ein Must Have um sich die wahrscheinlich sehr lange Wartezeit auf Dragon Age 3 zumindest etwas zu verkürzen.