Reihe: Ashes, Band 1 Eine Rezension von Samira Bousfia |
Inhalt
Die siebzehnjährige Alex befindet sich auf einer Wanderung in den Bergen, als plötzlich die Natur um sie herum verrücktspielt und eine Druckwelle sie zu Boden wirft. Was war das? Alex hat keine Ahnung, aber sehr schnell wird klar, dass die Welt, die sie kannte, nicht mehr existiert. Die meisten Städte sind zerstört und die Überlebenden werden zur lauernden Gefahr. Das Einzige, worauf Alex noch zählen kann, ist ihre Liebe zu Tom. Gemeinsam versuchen die beiden, sich durchzuschlagen. Doch dann wird Tom verwundet, und Alex muss ihn schweren Herzens zurücklassen, um sein Leben zu retten. Als sie mit Hilfe zurückkehrt, ist er verschwunden. Eine packende Suche beginnt. Eine Suche nach Antworten, sich selbst und nach der einen ganz großen Liebe. Denn Alex weiß: Tom lebt, und sie wird ihn finden. (by Egmont-INK)
Rezension
Bei Alex haben die Ärzte vor zwei Jahren einen Gehirntumor diagnostiziert; trotz zahlreicher moderner Behandlungsmethoden lässt sich dieses Monster von Tumor nicht heilen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr Körper dem Verfall durch den Tumor erliegt, bereits jetzt schwindet ihr Geruchssinn und auch die damit verbunden Erinnerungen. Alex weiß, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, und hat nicht die geringste Lust, auf das Ende zu warten. Sie braucht Zeit für sich, Abstand von der Krankheit und dem Wissen ihres baldigen Todes. Deshalb will sie zu einer letzten Wanderung aufbrechen und mit dieser die Vergangenheit Revue passieren lassen. Doch es kommt alles anders als erwartet, denn bevor Alex ihr Ziel erreichen kann, erhebt sich die Natur, die Erde bebt und auch Alex wird von der Druckwelle erfasst, bleibt blutend zurück in einer Welt, die nicht mehr die ist, die sie mal war und in der jeder für sich ums blanke Überleben zu kämpfen hat.
In „Ashes“, dem Auftaktband der Reihe, entführt die Autorin den Leser auf eine Reise in eine Welt, die sich nach und nach erst verändert. Ist sie zuvor noch die heile intakte Welt, erlebt man mit Alex den Verfall und die drastischen Veränderung mit, fühlt mit Alex und weiß wie sie selbst nicht, was passiert ist und wohin das Ganze noch führen wird, welche Ausmaße die Katastrophe angenommen hat. Anders als die Inhaltsangabe vermuten lässt, liegt der Schwerpunkt des Buches nicht auf der Liebesgeschichte, da Alex und Tom sich erst durch die Ereignisse der Katastrophe kennen lernen, aber mehr mit dem Überleben beschäftigt sind als mit Liebesdingen, was aber auch mehr als verständlich ist und der Geschichte auch nichts nimmt, denn sie ist gespickt mit Action und fesselnder Spannung. Die neu entstandene Welt und deren Auswirkungen stehen im Mittelpunkt des Geschehens, sodass auch Alex' Gefühle und Gedanken weitest gehend darauf fokussiert sind, muss sie doch jetzt täglich aufs Neue ums Überleben kämpfen in einer völlig unbekannten Welt voller Gewalt und Gefahren. Die Gefahren kommen von allen Seiten und keiner weiß, warum und wie es so weit kommen konnte; es gibt nur Vermutungen, die man wie die Charaktere selbst anstellt, nichts als Spekulationen, aber keine konkreten Fakten über diese neue Welt.
Diese neu entstandene Welt ist wahrlich kein schöner Ort, gefüllt mit Brutalität und Blutvergießen, wo jeder ums Überleben zu kämpfen hat und vor nichts zurückgeschreckt wird. Sehr eingehend und intensiv wird das Ganze beschrieben, fast schon zu detailliert, wenn man an das Blut und die Gewalt denkt, bei der man nicht von schwacher Natur sein darf, aber gerade dies macht das Ganze so unglaublich anschaulich und realistisch. Es fließt eine Menge Blut, Gewalt an Körper und Geist werden ausführlich beschrieben, angesichts der neuen Lebensumstände aber auch kein Wunder. Keiner ist sicher, weder Mensch noch Tier, der Stärkere überlebt den Kampf ums Überleben, man kennt keine Regeln noch moralische Grenzen.
Fast auf sich allein gestellt in dieser brutalen Realität, muss Alex lernen, stark zu sein und auch zu bleiben, die Angst nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Man kann sie durchaus als stur bezeichnen angesichts ihrer Weigerung, bei ihrer Tante zu bleiben und sich behandeln zu lassen. Andererseits, wer will schon einfach herumsitzen und auf das unvermeidliche Ende warten? Sie wollte nicht herumsitzen und auf den Tod warten, das Bett hüten und sich schonen, darauf wartend, das es vielleicht doch noch Hoffnung für sie gibt. Sie gibt sich stark und unnahbar, aber tief im Inneren setzt es ihr zu, dass der Tumor sich an ihrem Geruchssinn zu schaffen macht, ihr ihre Erinnerung raubt und ihr das Leben aussaugt. Nach der Druckwelle ist die Angst ein ständiger Begleiter, greift Alex an, macht sie aber auch stärker und selbstsicher, mit dem Ziel vor Augen, lebend aus der ganzen Situation herauszukommen, denn schon bald ist auch das letzte bisschen moderne Zivilisation verschwunden. Sie ist ein unglaublich sympathischer Charakter, der weiß, was wichtig ist und was nicht, der nicht auf Äußeres fixiert ist.
Die Autorin versteht es geschickt, die Spannung von Beginn an zu halten, die Atmosphäre packend und düster zu gestalten, so darzustellen, als wäre man selbst vor Ort. Sehr detailliert werden Alex' Empfindungen dargelegt; Gerüche werden so bildlich dargestellt, dass man das Gefühl hat, sie mit seiner eigenen Nase wahrzunehmen, fast schon greifen zu können. Dies wird auch durch den Sprachstil verstärkt, der perfekt zu der Geschichte und dem ganzen Ambiente passt, das einen mit sich zieht und einem dem Atem raubt. Das Ende ist ein wenig abrupt mitten im Geschehen und lässt auf eine baldige Fortsetzung hoffen und auf mehr Details zu den wahren Gegebenheiten, die zu der Katastrophe geführt haben, da es einiges gibt, was noch unbeantwortet geblieben ist.
„Ashes. Brennendes Herz“ entführt in eine neue düstere Welt, bei deren Entstehung man von Beginn an dabei ist und in der man eine starke junge Frau bei ihrem Kampf ums Überleben begleitet. Packend und überzeugend, mit einer gehörigen Portion Horror sowie einem Hauch gezielter Romantik. Ein mehr als gelungener Auftakt, der kaum aus der Hand zu legen, aber auch nichts für schwache Nerven ist.
4,5 von 5 Sternen