| Serie / Zyklus: Werke in Einzelausgaben, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Viele Jahrzehnte war das Siedlungsschiff unterwegs, doch die Besatzung bestand nur aus Robotern. Knapp zwanzig Jahre vor der geplanten Ankunft beginnt ein Programm, um das Schiff mit Leben zu füllen, dass die künftigen Siedler einer fremden Welt darstellt. Alle 62 Tage wird ein Kind geboren aus einer Brutstätte in Stasis liegender Föten. Die Kinder werden mit der Illusion einer fürsorglichen Robotermutter gepflegt - immer acht Kinder bilden eine Gruppe, die zusammen erzogen werden. Zunächst wachsen sie in einem gewaltigen Biotop im Innern des Raumschiffs auf und mit neun Jahren betreten sie die abgeschlossenen Schiffsbereiche. Die wahre Schulung (und das wahre Abenteuer) beginnt.
Dies ist der Anfang einer gewaltigen Geschichte, die von Beth, dem zweiten Schiffsgeborenen, dem es bestimmt war, alle kommenden Aktivitäten zu leiten, erzählt wird. Der Leser erlebt wie Beth und seine Geschwister heranwachsen, wie sie lernen, das Schiff zu meistern und wie sie voller Aufregung das Erreichen des Zielsterns erwarten.
Angekommen beginnt die inzwischen auf 48 Menschen angewachsene Besatzung (alle bis zum Alter von neun Jahren) Pläne zu entwickeln, den Zielplaneten umzuformen. Das gelingt, doch dann driftet alles mehr und mehr auseinander. Die Ansichten, wie man nach der Besiedlung weitermachen soll divergieren immer mehr und die noch junge Gesellschaft erlebt erste Spannungen.
Andymon ist ein SF Roman, wie es nur wenige gibt. Es wird eine phantasievolle, handlungsreiche Geschichte erzählt, die den Leser von Anfang bis zum Ende fesselt. Auch stilistisch zeigen Angela und Karlheinz Steinmüller, wie man einen Roman auch schreiben kann: mit klarer Sprache aber nie banal. Kurzum: Andymon ist ein Juwel der SF und stellt US amerikanische SF Werke mit ähnlichem Thema wie z. B. Kim Stanley Robinsons unsägliche Mars Trilogie bei weiten in den Schatten.
Obwohl der Roman seine Spannung aus den sozialen Verknüfungen zieht wurden die Autoren auch den Lesern gerecht, die an technischen Details der Science Fiction interessiert sind. In diesem Zusammenhang sei das Totaloskop erwähnt. Mit dieser Einrichtung lebten die Kinder auf dem Schiff das Leben auf der Erde nach und mehr: Fast jede Lebenssituation lernten sie über diese Maschinen zu meistern bis hin zu Tod-Erfahrungen.
Der Roman ist wie eine Chronik erzählt. Beth erzählt sein Leben - beginnend von seinen ersten Erinnerung bis hin zum Leben auf Andymon. Der Roman, der sich in drei Sinneinheiten (Flug - Ankunft - Besiedlung) gliedert, schreitet kontinuierlich voran und auch wenn man sich wünscht, hin und wieder in einer Phase der Erzählung mehr zu verweilen, ist es doch gut so, denn Langweile kommt nie auf.
Das wahrhaft Faszinierende an diesem Roman ist die geschwisterliche Verbundenheit der einzeln Achter-Gruppen und die Konstellation, die sich daraus ergeben innerhalb einer Gruppe aber auch zwischen den Gruppen.
Ich muss gestehen, dass ich bisher immer einen großen Bogen um ostdeutsche SF gemacht habe (ich bin generell kein Fan deutscher SF), aber dieser Roman macht Hunger auf mehr. Umso besser, dass der Shayol Verlag die Werke der Steinmüllers in einer Gesamtausgabe herausbringt (mit zusätzlicher Hintergrundinfo zum Roman sowie einem interessanten Artikel der Autoren über die Entstehung des Romans).
In mir haben Angela und Karlheinz Steinmüller mit Andymon einen Fan gewonnen und ich habe so das Gefühl, dass ich mir in naher Zukunft weitere Werke der Autoren zulegen werden.
10 von 10 Punkten.
Andymon - Rezensionsübersicht
Besprechung im Literaturzirkel des SF-Netzwerk Forums - Teil 1 |
Besprechung im Literaturzirkel des SF-Netzwerk Forums - Teil 2 |
Besprechung im Literaturzirkel des SF-Netzwerk Forums - Teil 3 |