Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Eine Besprechung / Rezension von Asaviel |
Klappentext:
Die Freunde Celie, Alex und Bernie könnten ein rasantes Leben genießen und sich sehen, wann und wo immer sie wollten. Doch der tragische Tod von Celies Mutter, Erfinderin des Tornetzes, hat einen Schatten auf ihre Freundschaft geworfen. In ihrer Trauer will Celie alles hinter sich lassen. Bis plötzlich die Katastrophe eintritt – das Netz versagt. Wie alle anderen auch sitzen die drei Freunde fest: Alex in Berlin, Celie in Irland, Bernie in der mecklenburgischen Wildnis. Jeden Tag fällt die Welt um sie herum ein Stück mehr auseinander: Städte ohne Strom und Wasser werden zu Todesfallen, Krankheit, Hunger und Gewalt breiten sich aus. Die zivilisierte Welt kollabiert. Celie, Alex und Bernie müssen jeder für sich ums Überleben kämpfen. Und sie müssen einander finden. Denn vielleicht hat der Tod von Celies Mutter etwas mit dem Zusammenbruch des Netzes zu tun ... Ein spannender und beunruhigender Roman von Gabi Neumayer über die Auswirkungen des Zusammenbruchs der modernen Welt, wie wir sie noch nicht kennen.
Meine Meinung:
"Die meisten von uns waren auf ihrem kleinen Stück Treibeis gestrandet und trieben ziellos umher. Und nur die wenigsten ahnten, dass die verheerenden Stürme erst noch kommen sollten" (Seite 7)
Erwartet hatte ich beinahe, dass wir mitten drin starten, dass das Netz schon zusammengebrochen ist, dass Chaos herrscht und man sich gemeinsam mit den Charakteren in diesem Chaos zu Recht finden muss. Aber so ist es nicht. Die ersten paar Kapitel bleibt alles ruhig. die drei Protagonisten Celie, Alex und Bernie werden eingeführt, es gibt durch Rückblicke mit Hilfe von Tagebucheinträgen mehr Hintergrundinformation. Die Spannung ist trotzdem von Beginn an hoch. Das ist der Idee des Beamens zu verdanken. Man wünscht es sich ja so oft, dass es ganz einfach möglich wäre und hier ist es nun Alltag. Im Jahr 2036.
Schon in den wenigen Kapiteln, in denen man die Protagonisten kennen lernt, erkennt man auch ihre Stärken, ihre Schwächen und ihre wichtigen Charakterzüge. Sie drei sind alle sympathisch und alle grundverschieden, dabei kann man sich schnell in jeden von ihnen hinein fühlen. Die Tagebucheinträge sind ein schönes Mittel, um die Zeit zwischen Jetzt und der Zukunft zu überbrücken, zu verstehen wie die Welt geworden ist, wie sie 2036 ist. Die Erzählerperspektive wechselt regelmäßig zwischen den drei Protagonisten und um einen Einblick ins gesamte Weltgeschehen zu geben, werden auch in bedeutenden Situationen komplett fremde Charaktere gezeigt. Diese muss man nicht genau kennen, um zu verstehen, was uns die Autorin zeigen will. Zum Beispiel das Chaos, das in dem Moment entsteht, wenn plötzlich das Netz zum Beamen ausfällt.
Damit wird ein realistisches Szenario der Zukunft aufgebaut. Gabi Neumayer gelingt es ohne Schwierigkeiten etwas zu erschaffen, dass man sich wirklich vorstellen kann, dass der Leser als mögliche Zukunft annehmen kann. Unterstützt wird dies durch die vielen wissenschaftlichen Aspekte, die angesprochen werden. Das ist ein zweischneidiges Schwert, denn die einen werden die wissenschaftliche Seite faszinierend finden, wissen wollen wie das Beamen und die Roboter funktionieren, für andere ist es eher anstrengend und mühsam sich da durch zu kämpfen. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber beide Parteien kommen auf ihre Kosten, denn die Haupthandlung kommt nicht zu kurz. Es werden viele verschiedene Fragen und Probleme aufgeworfen. Die Charaktere gehen unterschiedlichen Problemen nach, bevor sie erstmals aufeinander treffen und so bricht der Spannungsbogen niemals ein.
All diese Punkte führen dazu, dass das Buch trotz einer eingängigen Sprache konzentriert gelesen werden muss, um die Zusammenhänge zu verstehen und immer mittendrin zu sein. Andernfalls kann es passieren, dass die Geschichte mehr an dem Leser vorbeifließt, ohne dass er davon berührt wird. Hier ist die Altersempfehlung ab 12 vielleicht etwas zu früh angesetzt.
Besonders bemerkenswert, aber gleichzeitig nur ein Detail, ist dass die Autorin vermittelt, wieviel sie von Sprache versteht. Das Buch spielt in der Zukunft und Gabi Neumayer legt ihnen Worte in den Mund, die heute definitiv nicht zur Alltagssprache gehören. So wird in Fremdsprachen (Spanisch und Hindi) geflucht, das ist ganz normal, so wie wir heute einige englische Kraftausdrücke benutzen. Und statt "mega-", wie in "megacool", heißt es jetzt "tera-", also "teracool". So funktioniert Sprache. "Mega" ist irgendwann langweilig und aufgebraucht, dann suchen sich die Sprecher neue Ausdrücke, ganz intuitiv ohne sich darüber Gedanken zu machen. Das wird hier im Buch nicht erklärt und wer es nicht weiß, kann sich eventuell an diesen ungewohneten Ausdrücken stören. Wer es aber weiß, kann es anerkennen und den Flair des Zukünftigen auf sich wirken lassen.
Fazit:
Eine Geschichte mit einem spannenden Zukunftsszenario, das den Leser schon auf den ersten Seiten zu faszinieren weiß. Viele Fäden werden am Ende zu einem realistischen und durchaus befriedigenden Ende zusammengeführt, bei dem aber sicher nicht alles voller Friede und Freude ist. Obwohl Gefahren durch neue Erkenntnisse der Wissenschaft sowie Fehler der Menschheit angesprochen werden, verzichtet die Autorin auf den erhobenen Zeigefinger und regt trotzdem zum Nachdenken an.