Titel: Alisik - Winter
Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Alisik ist eine sogenannte Postmortale. Als Geist wartet sie auf den Übergang in die nächste Daseinsebene, was bedeutet, dass das Urteil, über sie noch nicht gefallen ist. Doch zum Glück ist sie nicht die Einzige, die in den alten, fast verfallenen Friedhof ausharren muss. Die anderen Postmortalen warten seit vielen Jahren auf ihr Urteil und man könnte fast meinen, dass die Jenseits-Bürokratie die verlorenen Seelen vergessen hätte, wenn nicht der dem Sensenmann sehr ähnliche Sichel-Michel regelmäßig vorbei kommen würde und die kleine Schar über die nicht existierenden Fortschritte informieren würde. Für Alisik ist besonders verwirrend, dass sie als junger Geist sich noch nicht an die Vergangenheit erinnern kann. D. h. sie weiß noch nicht mal, warum sie sich in dieser tristen Lage befindet. Zum Glück ist da der blinde Ruben, der sie als einziger lebender Mensch wahrnehmen kann. Mit seiner Hilfe und gelingt es ihr mehr über ihre Vergangenheit herauszufinden. Doch während Alisik versucht, die Umstände ihres Dilemmas zu ergründen rollen Bagger auf, um den Friedhof zu Gunsten eines Einkaufszentrums aus den Weg zu räumen.
Der zweite Band der auf vier Bände ausgelegten Comicreihe zeigt nun mehr Tiefe als der erste Band. Man erfährt mehr über das Schicksal der anderen Postmortalen und auch warum Sie sich in dieser misslichen Lage befinden. Die Geschichte erhält somit mehr Struktur und mehr Tiefgang. Außerdem wird auch mehr über Alisik erzählt. Im ersten Band, der bestenfalls als Prolog zu sehen ist, wurde zu viel offen gelassen. Aber wer weiß: Vielleicht orientiert sich die Comicreihe bewusst auf den Erzählstil der Mangas. Dort wird oft ein anderes Erzähltempo gewählt und die Geschichten entfalten sich erst allmählich – Tempo und Spannungsbögen werden anderes gesetzt als in der europäischen Comickultur.
Wie auch immer: Mit Band 2 wird alles nun klarer und greifbarer. Die Geschichte entwickelt an Tempo und der Leser wird mehr und mehr mitgerissen. Weiterhin positiv zu erwähnen ist das ungewöhnliche Artwork. Die Seiten sind opulent mit kräftigen, meist dunklen Farben gestaltet, wobei Schwarz überwiegt. Alisik hat ein puppenhaftes Äußeres, während die anderen Postmortalen zu Karikaturen ihres früheren Selbst geworden sind.
Insgesamt ist eine Steigerung in allen Aspekten zu Band 1 festzustellen. Die Lektüre lässt den Leser gespannt auf die weiteren Ereignisse zurück und das ist sicherlich das beste Qualitätsmerkmal. 9 von 10 Punkten.