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Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Der Ermittler Sir Maurice Newbury und seine schlagfertige Assistentin Veronica Hobbes stehen im Mittelpunkt der ungewöhnlichen Steampunkerzählung. Wir befinden uns im London des Jahres 1901. Es handelt sich hier, wie bei jeder anderen Steampunkerzählung auch, um eine Parallelweltgeschichte. Queen Victoria, halb Mensch und halb Maschine - also das Gegenstück zu modernen Cyborgs -, regiert ein industrialisiertes Empire, in dem Luftschiffe am Himmel kreisen, während Dampfloks auf ihren Schienen durchs Land rollen und Dampfschiffe auf den Wogen der Meere für das Wohl und Wehe des Empires unterwegs sind. Hier ist Sir Maurice Newbury, Sonderermittler im Namen der Krone, meist von der Königin selbst beauftragt, zu Hause. Immer wieder muss er sich mit revolutionären magischen Erfindungen oder bizarren Wesen auseinandersetzen. Wenn sich Tote erheben und aus ihren Gräbern steigen, ist das kein gewöhnlicher Zustand. Den normalen Zustand muss er mit seiner Assistentin wiederherstellen. Tote haben nicht als Zombies auf der Erde zu wandeln, sondern drin liegen zu bleiben.
Nun gilt es, ein Verbrechen aufzuklären, dessen Tragweite ihm zuerst verschlossen bleibt. Bei seinen Nachforschungen geraten er und Veronica in immer seltsamere Verwicklungen. Dabei ist er doch hauptberuflich Anthropologe und beim britischen Museum beschäftigt. Wenn jedoch die Königin ruft, ist jeder britische Bürger bereit, alles stehen und liegen zu lassen und dem Ruf zu folgen. Als ein Luftschiff im Finsbury-Park abstürzt, wird der Sonderermittler seiner Majestät aktiv. Bei seiner Ankunft herrscht Chaos, denn im ehemals beschaulichen Park wurde viel zerstört und verwüstet und ettliche Menschen starben.
Der Hintergrund der Geschichte ist, wie bei fast jedem Steampunk-Roman, das irdische viktorianische Zeitalter. George Mann erschafft langsam, aber sicher eine wunderbar exotische Welt, die gerade durch das Lebensgefühl der handelnden Personen vorzüglich in die Phantastik passt. Die Steampunk-Aspekte werden zwar berücksichtigt, treten aber nicht in den Vordergrund. Dort befinden sich vielmehr Sir Maurice, der Held der Geschichte, samt Assistentin. So soll es aber auch sein. Das Ermittlerduo arbeitet wie Sherlock Holmes und Dr. Warson, an die sie jedoch nur entfernt erinnern. Diese Herangehensweise an das Abenteuer macht die Geschichte sehr glaubwürdig. Das Gleiche gilt auch für Personen wie Chiefinspector Bainbridge, Dr. Knox, Villiers und andere. Alles wirkt in der Erzählung so, als gehöre es dazu oder sei das Natürlichste der Welt. Ein wenig finde ich hier meinen Sense of Wonder der frühen 1950er bis 1970er Science Fiction wieder. Ähnlich wie bei einem Neuaunfang der SF lernt man die Welt mit neuen Augen zu sehen. Zeppeline am Himmel, Dampfkarossen auf der Straße und Dampfmaschinen auf der Schiene und andere Dinge mehr sorgen für die entsprechende Steampunkstimmung und werden zu wichtigen Bestandteilen des Romans.
Affinity Bridge beginnt sehr gemächlich. George Mann lässt es zu, dass man seine Welt, wie bei einer Besichtigungstour, erst einmal kennen lernt. Wer sich durch die ersten Seiten gelesen hat, wird einige originelle Abenteuer erleben, etwa mit geisterhaften Polizisten oder Widergängern, entstanden durch eine Krankheit oder oder oder. Die leicht humoristischen Abenteuer werden mit einigen sympathischen Handlungsträgern angereichert. Das Buch bietet beste Unterhaltung.