Serie: Annabelle Rosenherz, Band 1 |
Dank IBM wissen wir, dass Steampunk das nächste große Ding sein wird, und es sieht so aus, als würden die Analysten ein weiteres Mal richtig liegen. Steampunk ist in Film und Fernsehen angekommen und Zahnräder erobern so langsam auch den Kleidungs- und Accessoiremarkt. Schon länger ist dieses Untergenre jedoch in Büchern zu finden und viele Autoren haben sich diesem bereits angenommen, auch bekanntere. Letztere erhalten dann auch die Möglichkeiten ihre Bücher durch große Verlage veröffentlichen zu lassen, andere landen bei kleinen Verlagen oder müssen ihre Romane im Eigenverlag veröffentlichen.
Eine solche unbekanntere Autorin, die ihre Steampunk Bücher noch im Eigenverlag veröffentlichen muss, ist Anja Bagus. Die in Essen, also dem Zentrum des Ruhrgebiets lebt, und die ihre Freizeit, die ihre Familie und die Haustiere ihr lässt, mit dem Schreiben von Fantasybüchern und Ratgeber über Kindererziehung verbringt. Ihr erster Roman des Steampunk-Genres ist der Roman „Aetherhertz" als erster Band der Annabelle Rosenherz-Reihe, in der die taffe Annabelle in einer alternativen Welt des Jahres 1910 einem Geheimnis auf die Spur kommt, dass ihr Leben, das ihrer Freunde und auch ganz Baden in Gefahr bringt.
Annabelle ist die Tochter eines Archäologen, der seit einiger Zeit verschwunden ist und sie hat vom ihm, ganz anders als viele andere Töchter aus reichen Häusern, immer sehr viele Freiheiten erhalten. Diese Freiheiten konnte sie sich auch nach dem Verschwinden ihres Vaters bewahren und so darf sie, obwohl das in der Gesellschaft natürlich nicht so gerne gesehen wird, wissenschaftlich arbeiten. Soweit ist das alles sehr nah an den tatsächlichen Zuständen der damaligen Zeit, der große Unterschied ist aber der Äther, der vor einiger Zeit über den Gewässern der Erde auftauchte und Menschen und Tiere, die zu viel Kontakt damit hatten, veränderten und zu Verdorbenen macht, der aber auch neue Technologien hervorbrachte, denn die Energie, die der Äther liefert, ist doch sehr nützlich und insbesondere die Luftfahrt mit neuen Luftschiffen, machte mit Äther große Fortschritte. In dieser Welt, mit Verdorbenen, Luftschiffen, Äther und der wilhelminischen Gesellschaftsstruktur, kommt die Leiche einer Frau in das Institut, in dem Annabelle arbeitet und dank der Zuneigung eines Kollegen darf sie bei den Nachforschungen helfen. Diese Nachforschungen führen sie auf die Spur einer Verschwörung, die Verdorbene und die reichen und schönen Baden-Badens beinhalten und bei der Süßigkeiten eine bedeutende Rolle spielen. Neben den Nachforschungen, ist es aber vor allen Dinge der junge Herr Falkenberg, der den Nachlass ihres Vaters katalogisieren soll, um den Annabelles Gedanken kreisen und der im Lauf des Buches nicht nur mehr als ein enger Freund, sondern vor allen Dingen ein Retter in der Not wird.
Eine tolle Protagonistin, die sich nicht nur gegen die drohende Gefahr einer Verschwörung stellt, sondern auch gegen das wilhelminische Weltbild, der Unterdrückung der Frauen und der Verdorbenen, stellt. Passend dazu erhalten auch die männlichen Leser einen männlichen Protagonisten, der nicht nur sehr sympathisch sondern auch ebenso modern daherkommt - Topf und Deckel eben. Daneben gibt es aber noch viele weitere tolle Figuren, wie etwa die beste Freundin Annabelles, die den typischen Frauentyp der Zeit darstellt, einige Männer, die mit der Freiheit Annabelles nicht umgehen können, und auch typische Beispiele für normale Bürger der wilhelminischen Ära. Eigentlich ein perfekter Steampunkroman, der zwar den Fokus nicht auf die Industrialisierung sondern auf die Unterschiede zwischen Mittel- und Oberschicht und Frauen und Männern legt, und der Luftschiffe enthält, die auch wirklich eine wichtige Rolle spielen. Das ganze aber als Steampunk zu bezeichnen halte ich für falsch, denn Anja Bagus hat ein weiteres Genre eröffnet, und deshalb müsste man, um ehrlich zu sein, den Roman dem Steampunk-Subgenre Ätherpunk zuordnen. Keinesfalls macht es das Buch aber weniger gut, denn spannend, unterhaltsam und mit vielen tollen Idee versehen, ist und bleibt es ein gutes Buch, das nicht nur einen großen Verlag sondern vor allen Dingen eine Fortsetzung verdient und nötig macht, denn viele Fragen bleiben offen und bedürfen einer Antwort.
Fazit: „Atherhertz" ist ein toller Roman, der eine spannenden Geschichte in einer tollen alternativen Welt des Jahres 1910 mit tollen Protagonisten und Antagonisten erzählt, ohne dabei die wichtigsten Merkmale des Steampunk-Genres zu vergessen. Doch Steampunk ist dieser Roman nicht, er ist ein Vertreter des Aetherpunk-Genres und dies absolut überzeugend ohne dabei für Steampunkfans weniger lesenswert zu sein. Ich freue mich auf weitere Abenteuer des Fräulein Rosenherz'.