Reihe: Band 1 Eine Rezension von Martin Wagner |
Viele Rollenspiele nehmen für sich in Anspruch für Einsteiger geeignet oder gar für solche geschrieben worden zu sein. Bei vielen dieser Rollenspielen entpuppt sich dies als nicht ganz wahr, denn Einsteigerrollenspiele sind eine ganz spezielle Art von Rollenspielen. Zum einen müssen diese günstig sein, zum anderen aber auch alles enthalten, was Einsteiger zum Spielen benötigen. Das bedeutet vor allen Dingen einfache Regeln, fertige Abenteuer, vorgefertigte Charaktere und ein einfaches System neue Charaktere zu erstellen, Monster, ein fairer Preis und vor allen Dingen ansprechendes Material. In den meisten Fällen scheitert es an einem oder an zwei dieser Elemente.
Auch Aborea, das mittlerweile in der 2. Auflage auf dem Markt ist, nimmt für sich in Anspruch ein Einsteigerrollenspiel zu sein und zumindest der Preis kann ohne Frage überzeugen und wird auch erfahrene Rollenspieler zumindest einen Blick riskieren lassen. Geschrieben und entwickelt wurde das System von Sebastian Witzmann und dass es bereits nach kurzer Zeit eine zweite Auflage gibt, spricht für sein Talent und die richtige Wahl des 13 Mann Verlags nach zwei alten und bekannten Rollenspielen, die nicht unbedingt etwas für Einsteiger sind, etwas neues im fantastischen Bereich auszuprobieren.
Der Blick in die Box auf den Inhalt, um das geht es ja eigentlich, lässt einen dann ebenfalls anerkennend nicken. Drei dünne Hefte, ein Spielerheft, ein Spielleiterheft und ein Heft mit Spielmaterial, zwei Würfel, ein schwarzer und ein roter W10, zwei riesige Hochglanzposter, eine Karte eines Kontinents und ein Bild eines kleinen Dorfes. Zu den Würfeln muss nicht viel gesagt werden, die Poster sind aber durchaus einen genaueren Blick wert. Das Bild des Dorfes ist dabei das unspektakulärere, zeigt es doch nur das Dorf Leet, das so etwas wie das Dorf Aboreas ist und aus dem die Charaktere durchaus stammen könnten. Das Bild kann auch als Spielfeld für Miniaturen verwendet werden, wobei keine Hexfelder oder andere Felder eingezeichnet sind. Als Ausgangspunkt für das Heldenleben, ist es aber wirklich toll ansprechendes Material. Die Weltkarte ist aber noch um einiges besser. Mit einer Größe von DinA0 ist sie riesig und zeigt detailliert einen großen Kontinent mit Städten, größeren Dörfern, Meeren, Flüssen, Seen und Gebirge. Angst davor zu haben, dass die Karte auseinanderfällt, braucht man keine zu haben, denn die Karte ist auf festem und stabilem Material gedruckt und fühlt sich imprägniert an, was ein Aufweichen der Karte verhindern sollte, wenn beim Spielen mal ein Glas umfällt.
Wichtiger als diese Dingen sind aber die Heftchen. Allesamt haben um die 60 Seiten und sind vollfarbig und mit tollen Bildern, die die Stimmung des fantastischen Rollenspiels richtig gut transportieren illustriert. Das Heft mit der Nummer 1 ist das Spielerheft und es richtet sich sowohl an die Spieler als auch an die zukünftigen Spielleiter, denn in diesem Heft finden sich die Grundregeln. Den Anfang macht eine Einführung für Anfänger, in der die grundlegenden Dinge zu einem Rollenspiel ebenso wie auch die Regeln dieses Rollenspiels an einem Beispiel in Ansätzen erklärt werden, bevor ein Soloabenteuer in Leet die neuen Spieler direkt ins Rollenspiel hineinbringt. Das Soloabenteuer setzt dabei das fort, was während der Regelerklärungen im Beispiel angefangen wurde. Anfänger finden sich dadurch schnell ins Rollenspiel und auch erfahrene Rollenspieler können mit dem kurzen Soloabenteuer Spaß haben, denn es ist schön fantastisch. Ganz nebenbei werden die Regeln vertiefend angewandt und für Anfänger ist das allemal besser als ein theoretisches Erarbeiten der Regeln, wie man es aus anderen Regelwerken kennt. Das nächste Kapitel widmet sich dann theoretisch den bereits kennengelernten Regeln und der Charaktererschaffung. Dazu müssen die neuen Spieler nicht die kompletten restlichen Seiten des Heftes durchlesen, sondern nur die Seiten, die für das allgemeine Spielen und für ihre Charakterwahl wichtig ist. Bevor es so weit ist, sollte man sich klar machen, was man spielen will, denn danach verteilt man nach einem Entwicklungspunktesystem seine Attributswerte. Fünf Attribute gilt es mit 35 Punkten auszustatten. Die fünf Attribute sind die bekannten Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz und Charisma und durch das verteilen der Punkte werden diese Attribute mit einem Wert und einem Bonus oder Malus versehen. Dieser Bonus oder Malus wird bei Proben zum Einsatz kommen. Auch die Völker, die zur Auswahl stehen, der nächste Schritt der Charaktererschaffung sind alles andere als außergewöhnlich und perfekt für Anfänger geeignet. Neben Menschen stehen Elfen, Zwerge, Halblinge und Gnome zur Verfügung und alle Völker haben durchaus gelungene Eigenarten und dementsprechend besondere Eigenschaften. Die Beschreibung ist kurz und doch vielsagend und wird neuen Spielern einige Ideen liefern einen eigenen Charakter und keinen Stereotyp zu erschaffen. Dafür sorgen auch die Informationen zu Unterarten der unterschiedlichen Völker. Ist das Volk gewählt und die Attribute angepasst, muss ein Beruf gewählt werden. Sieben Berufe stehen zur Auswahl und eine Gruppe wird keine Schwierigkeiten haben eine ausgewogene Abenteuergruppe zu erstellen. Zur Auswahl stehen der Beruf des Barden, des Diebs, des Kriegers, des Priesters, des Schamanen, des Waldläufers und des Zauberers. Eine Auswahl die es in sich hat und die alles andere als einfach ist, denn auch innerhalb der Berufe, hat man noch genügend Auswahl, denn jeder Charakter ist anders, weil nicht jeder Barde dasselbe Instrument, jeder Priester dieselbe Gottheit, jeder Dieb dieselbe Spezialisierung und auch nicht jeder Krieger dieselbe Waffen haben wird. Wurde der Beruf ausgewählt, kommt wieder ein Punktesystem zum Einsatz und die Spieler können ihren Charakteren Fertigkeiten kaufen. Die Kosten ergeben sich je nach Beruf und dementsprechend wird jeder Charakter ein Unikat sein und sich Charaktere unterschiedlicher Berufe auf keinen Fall gleichen. Die Fertigkeiten sind altbekannt und für eine fantastische Welt gut ausgewählt. Der Einsatz einer Fertigkeit erfolgt immer nach demselben Muster, Attributsbonus plus Fertigkeitswert plus Würfelwurf gegen einen vom Spielleiter festgelegte Wert. Von Routine, Schwierigkeit 5 bis absurd, Schwierigkeit 18. Dasselbe Muster wird auch beim Kampf, mit dem sich das folgende Kapitel befasst, angewendet. Der einzige Unterschied ist hier, dass der Wert aus Bonus und Waffenrang, entweder Offensiv oder Defensiv verwendet werden kann und der Wert dann entweder beim Verteidigen als Schwierigkeit auf den Mindestwurf hinzuaddiert wird oder als Offensivbonus beim Angriff gewertet wird. Wird beim Angriff die Schwierigkeit übertroffen, zählt der überzählige Wert automatisch als Schaden, was den Kampf schnell und flüssig macht. Das folgende Kapitel befasst sich mit der Magie Aboreas und enthält dabei sowohl einiges an Fluff, als auch jede Menge Regeln. Letzterer Teil ist dabei sehr tabellenlastig und bietet doch viele Möglichkeiten, denn Magier, Priester, Schamanen und Barden haben eine gute Auswahl an Spruchlisten und im Spiel dann an Zaubern auf diesen Listen Darunter finden sich Heilzauber, Illusionen, Naturzauber und vieles mehr. Die Ränge der Zauber geben dann die Schwierigkeit vor, die beim zaubern erreicht werden muss, damit der Zauber erfolgreich wirkt. Nach der Magie wird das Göttliche der Welt in den Blick genommen. Neben Göttern finden sich hier auch die Schöpfungsmythen und besondere Riten und Bräuche der Trioner, wie man das Volk nennt, in dem Bereich auch Leet liegt. Die Ausrüstung, zum Großteil Waffen, ist das Thema und der Inhalt des nächsten Kapitels. Dieses Kapitel ist das Schwächste, denn hier finden sich nur ein paar wenig ansprechende Bilder und Tabellen. Den Abschluss des Spielerhefts bilden einige Hinweise zum ersten Spielabend, Informationen zu Erfahrungspunkten und ein Glossar, in dem nochmals die wichtigsten Begriffe erwähnt werden.
Das Spielleiterheft, Heft 2, liefert dann alles, was der Spielleiter benötigt. Nach einer kurzen Einführung, in der sein Job beschrieben wird, folgt ein gelungenes Abenteuer, das jeder Gruppe, auch erfahrenen, Spaß machen wird und doch gleichzeitig fordert. Das nächste Kapitel nach dem Abenteuer widmet sich besonderen Regeln. Hier finden sich Regeln zum Ruf aber auch zu Talentbäumen, die den Berufen ein paar neue Facetten geben und Charakteren in eine tolle Zukunft führen können. Das nächste Kapitel handelt von der Welt und hier werden detailliert und doch nur beispielhaft wichtige Städte und Gebiete vorgestellt. Keine Bang, es gibt noch genug weiße Flecken auf der Karte für Spielleiter mit viel Fantasie, denn vorgestellt wird nur ein kleiner, ein sehr kleiner Teil der Karte. Was natürlich in einem Spielleiterheft und auch in einer Einsteigerbox nicht fehlen darf, findet sich im nächsten Kapitel, nämlich die Monster. Neben normalen Tieren finden sich hier vor allen Dingen Untote, Trolle und auch Orks, Monster also, die Anfänger aus Fantasyfilmen kennen. Den Abschluss dieses Buches bildet ein Kapitel das sich Schätzen und magischen Gegenständen widmet. Diese Kapitel ist deutlich besser als das Ausrüstungskapitel des Spielerheftes und der Spielleiter findet hier auf alle Fälle das eine oder andere Geschenk für seine Spieler, das diese dann in Heft 3 sinnvoll einsetzen können.
Heft 3, Spielmaterial, beinhaltet nämlich jede menge Abenteuer, weitere Monster, einige vorgefertigte Charaktere und auch noch einige NSCs zum Einsatz als Gegner oder als Verbündeter. Die Abenteuer sind dabei vor allen Dingen eins, nämlich unterhaltsam. Daneben sind es aber auch viele, acht Stück, und diese sind allesamt auch offen genug, um Spielern und Spielleiter genug Freiheiten zum Spielen zu geben. Was mir dabei jedoch fehlt, ist Material, das man den Spielern in die Hand geben kann. Hier muss der Spielleiter selbst kreativ werden oder das Material, das ihm in die Hand gegeben wird, bearbeiten. Alles in allem kann aber auch dieses Heft überzeugen.
Eine gut gefüllte Box mit überzeugendem Inhalt, sowohl die Poster als auch die Hefte, mit nur wenigen Schwächen. Das wünscht man sich in einem Rollenspielprodukt für Einsteiger. Dass Aborea für Einsteiger geeignet ist, zeigt sich schnell. Die Regeln sind einfach und dank einer guten Methode der Vermittlung schnell verstanden. Die Welt und seine Bewohner sind gut beschrieben und ansprechend. Dafür sorgen sowohl die Art der Vermittlung, tolle Texte und gute Bilder, als auch die Darbietung mit dem gelungenen Layout. Kleinere Schwächen im Inhalt kann man da getrost ignorieren, denn die werden an anderer Stelle wieder mehr als wettgemacht. Da auch die anderen Faktoren, die zu Beginn dieser Rezension aufgestellt wurden, mit diesem Produkt erfüllt werden, ist Aborea schlussendlich das Einsteigerrollenspiel schlechthin, und an diesem wird keiner mehr vorbeikommen und sollte auch keiner vorbeigehen, der mit dem Hobby anfangen will.
Fazit: Das Tischrollenspiel Aborea vom 13 Mann Verlag ist das Einsteigerrollenspiel. Tolle Ausstattung trifft auf einfache und doch überzeugende Regeln, eine tolle Welt und eine gelungene Auswahl an Völkern und Berufen. Dazu gibt es das ganze noch für einen unschlagbaren Preis. Kaufen und gleich loslegen, da sollten sich andere Verlage eine große Scheibe von Abschneiden.