Titel: Erosärger Eine Besprechung / Rezension von Tatjana Stöckler |
Lilly gehört zur Spezies der Sukkubi und gefährdet sich selbst und andere durch ihre bloße Existenz. Nur mit äußersten Vorsichtsmaßnahmen kann sie zwischen Menschen und all den anderen mythologischen Wesen leben, die nach dem letzten, mit Magie geführten Krieg in die Welt getreten sind. Wenn sie jemals lieben will, muss ihr Partner ein Inkubus sein, sonst sehen beide dem sicheren Tod ins Gesicht. Aber auch diese Lösung birgt Gefahren: Lillys Vater zum Beispiel verurteilte sie und ihre Mutter aus seiner Macht heraus zum Tode und vollstreckte sein Urteil sofort. Lillys Mutter starb durch seine Hand, Lilly versteckt sich seitdem mit Hilfe des magischen Rates, fürchtet aber stets, von dem Vollstrecker ihres Vaters, ihrem eigenen Bruder, gefangen zu werden.
Trotzdem führt sie die von ihrer Mutter gegründete Partnervermittlungsagentur mit eisernen Grundsätzen weiter. Sie gibt ihren Klienten große Versprechungen und garantiert die Einhaltung: Wer sich von ihr vermitteln lässt, findet einen passenden Partner, den er niemals verlassen wird. Garantiert. Für alle Ewigkeit. Prominente Paare bestätigen seit über 2000 Jahren den Erfolg, unter ihnen Eros und Psyche.
Und schon wieder spürt Lilly ihren Bruder dicht auf ihren Fersen, weshalb sie erneut ihre Identität wechseln muss. Der Rat überredet sie dazu, in die Rolle einer Menschenfrau zu schlüpfen und somit nebenbei auch noch die von den Menschen geforderte Menschenquote bei von mythischen Wesen geleiteten Betrieben zu erfüllen. Nur beinhaltet das Menschsein für ein so erotisches Wesen wie einen Sukkubus so manche Tücke, denn Lilly ist sprunghaft, chaotisch und gerät leicht in Wut, weshalb sie fast ihre Tarnung fallenlässt. Außerdem boykottieren illegale Liebeszauber ihre Arbeit, deren Existenz von offizieller Seite immer wieder dementiert wird. Besonders hilfreich sind die Mitglieder des Rates ihr nicht bei ihrer Aufgabe, denn Vampire, Dämonen und Wertiere aller Schattierungen sehen in ihr ein willkommenes Objekt ihrer Begierden, allen voran der Superstier Sandro, der Teufel DeVil und der Vampir Balthasar. Und zu allem Überfluss belästigen sie auch noch übernatürliche Stalker, die sie bei dem anstehenden Halloweenball gar nicht gebrauchen kann.
Schon das Cover verrät, dass es in diesem Buch lustig zugeht, Lilly versinkt in den Akten ihrer Liebesagentur und es schwirren ihr die verschiedensten Wesen um den Kopf. Einige dieser Wesen finden wir als Kapitelteiler oder Hintergrundgrafiken im Buch wieder, wobei sie teilweise so klein geraten sind, dass ich sie selbst mit Brille nicht erkenne. Der Roman beginnt mit einem witzigen Vorwort, in dem auch auf eventuelle Fehler hingewiesen wird, die der Finder gerne behalten kann. Vorausgeschickt: Damit macht mich die Autorin reich. Auf fast jeder Seite findet sich einer der fiesen Fehler, die von der automatischen Rechtschreibhilfe nicht erkannt werden und mich aus dem Lesefluss werfen, weil die Grammatik auf einen anderen Satzverlauf hinweist, als er tatsächlich passiert, weshalb ich mehrmals lesen muss, bis ich erkannt habe, einem Fehler aufgesessen zu sein. Das ist sehr ärgerlich, weil das Buch mit spritzigen Formulierungen glänzt, mit denen ein Gag den nächsten jagt, die aber durch diese Fehler teilweise im Sand verlaufen.
Die rasante Handlung lässt der armen Lilly kaum eine Atempause, auch der Leser wird sofort mit Schwung in die Action geworfen. Normalerweise beschwere ich mich über zu viel Information am Anfang eines Romans, aber hier finde ich das genaue Gegenteil: Ich habe den Eindruck, mitten in einer Serie von Romanen anzufangen und bin erst nach der Hälfte des Buches sicher, die Hintergründe zu verstehen. Doch weiterhin fehlen entscheidende Erlebnisse der Protagonistin, die ihr Handeln beeinflussen. Gerne hätte ich erfahren, was Schlimmes Balthasar und DeVil eigentlich getan haben, dass Lilly ihnen so misstraut, und warum sie die weiblichen Mitglieder des Rates Freundin nennt. Auch der Grund, warum ihr Gegenspieler Dorian überhaupt böse ist, eröffnet sich mir nicht. Und damit meine ich nicht den Grund, warum er etwas gegen die Vermittlungsagentur hat, sondern warum er zu den Bösen gehört und ihn niemand mag, denn seine Handlungen entsprechen eher Dummer-Jungen-Streichen, nicht Verbrechen.
Einige Fallbeispiele aus der Agentur hätte ich gerne gelesen, kniffelige Liebesfälle und schwierige Vermittlungen, aber diese geraten in den Hintergrund, weil zu viele Ereignisse die Firma am Arbeiten hindern.
Wer sich nicht davon abschrecken lässt, erst nach vielen Seiten zu verstehen, in welcher Welt die Helden des Romans überhaupt leben, wird es nicht bedauern, dieses Buch zu lesen, denn es führt rasant durch die Handlung und glänzt mit Witz und klugen Redewendungen. Kenner des Ruhrgebiets werden so manchen Schauplatz wiedererkennen und sich über die neue Besetzung mit mythischen Wesen amüsieren. Fazit: Ein netter Spaß für unbeschwerte Stunden.